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Habilitation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Das Verhältnis von Kartell- und Lauterkeitsrecht

Gegenstand des Forschungsprojekts ist das Verhältnis des Lauterkeitsrechts zum Kartellrecht bzw. zum Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Das Projekt konzentriert sich auf das türkische Recht; jedoch ist die Diskussionen über das Verhältnis zwischen Kartellrecht und Lauterkeitsrecht im deutschen und europäischen Recht für das türkische Wettbewerbsrecht wichtig. Deshalb erfolgt bezüglich der deutschen und europäischen Sicht eine vergleichende Darstellung. Das Projekt konzentriert sich auf der Tatbestandsebene im Wesentlichen auf das Verhältnis zwischen Kartell- und Lauterkeitsrecht im Bereich der Behinderungspraktiken.

Letzte Änderung: 22.09.15

Das systematische Verhältnis des Lauterkeitsrechts zum Kartellrecht ist strittig und bedarf einer grundlegenden Klärung. Sowohl das Kartellrecht als auch das Lauterkeitsrecht schützen die Ordnung des wirtschaftlichen Wettbewerbs der Anbieter und Nachfrager am Markt. Sie beziehen sich somit auf das Gebiet des Wettbewerbs und dienen der Sicherung der Wettbewerbsordnung. Beide Rechtsgebiete beeinflussen sich wechselseitig; es bestehen Wechselwirkungen. Nicht hinreichend geklärt ist allerdings, wie sich diese auf die praktische Rechtsanwendung auswirken.

Im Schnittbereich der beiden Gebiete liegen die individuellen Behinderungstatbestände des Kartellrechts und des Lauterkeitsrechts. Insbesondere in Fällen, in denen auf den ersten Blick sowohl die Bestimmungen des Kartellrechts als auch die Bestimmungen des unlauteren Wettbewerbsrecht einschlägig sein könnten, besteht keine hinreichende Rechtssicherheit. An diesem Punkt soll dieses Projekt ansetzen und dazu beitragen, das wechselseitige Verhältnis zwischen Lauterkeitsrecht und Kartellrecht näher zu bestimmen. Dieses ist in mehrfacher Hinsicht näher in Augenschein zu nehmen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Abgrenzung der Regelungsbereiche von Lauterkeitsrecht und Kartellrecht. Daneben wird die Berechtigung der Fallgruppe der allgemeinen Marktbehinderung im Kontext des lauterkeitsrechtlichen Institutionenschutzes zu hinterfragen sein.

Das Wettbewerbsrecht wird im weiteren Sinne als Oberbegriff des gesamten Wettbewerbsrecht verstanden. Unter diesem stellen das Lauterkeitsrecht und das Kartellrecht die zwei tragenden Säulen des Wettbewerbsrecht dar. Sowohl das Lauterkeits- als auch das Kartellrecht gehen implizit vom Vorhandensein des wirtschaftlichen Wettbewerbs aus. Beide Rechtsgebiete dienen dem Schutz des Wettbewerbs sind und als wettbewerbssichernde Reaktionen des Rechtes gegen störende Einflüsse auf den Wettbewerb anzusehen. Insoweit weisen die Gesetze eine Gemeinsamkeit auf. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass Lauterkeitsrecht und Kartellrecht einen einheitlichen Regelungsgegenstand, nämlich den wirtschaftlichen Wettbewerb betreffen.

Das Kartellrecht und das Lauterkeitsrecht sind einander ergänzende Regelungen zum Schutz des Wettbewerbs vor Beeinträchtigungen. Sie haben auch keine unterschiedlichen, sondern übereinstimmende Schutzzwecke, nämlich den Schutz des Wettbewerbs im Allgemeininteresse und im Interesse der Marktteilnehmer. Der Schutz des freien und der Schutz des lauteren Wettbewerbs sind dementsprechend keine Gegensätze. Vielmehr handelt es sich dabei um zwei Aufgabenbereiche einer in ihrem Sinnzusammenhang einheitlichen Gesamtordnung. Das Kartellrecht schützt die Freiheit des Wettbewerbs gegen Beschränkungen, das Lauterkeitsrecht die Lauterkeit des Wettbewerbs vor unlauteren Wettbewerbsmethoden. Beide Rechtsbereiche stehen in einer wechselseitigen Abhängigkeit. Das Lauterkeitsrecht bezweckt auf der Mikroebene den Schutz des fairen Wettbewerbs, es dient der Kontrolle des Marktverhaltens. Das Kartellrecht bezweckt auf der Makroebene den Schutz des freien Wettbewerb, es dient der Marktstrukturkontrolle.

Das Lauterkeitsrecht und das Kartellrecht verhalten sıch zueinander wie zwei sich schneidende Kreise. Soweit ein Verhalten zugleich dir Voraussetzungen eines Lauterkeitsrechts- und eines Kartellrechtstatbestands erfüllt, sind beide Gesetze nebeneinander anwendbar; es besteht Anspruchskonkurrenz. So wird ein Anruf zum Boykott eines Unternehmens, der zu Wettbewerbszwecken erfolgt, regelmäßig sowohl als Behinderung anzusehen sein als auch den Tatbestands des Kartellrechts erfüllen. Auch im Übrigen werden individuelle Behinderungen häufig sowohl die Voraussetzungen des Lauterkeitsrecht oder als auch des Kartellrechts erfüllen.

Ob und inwieweit Ansprüche für den einzelnen Marktteilnehmer begründet werden, ergibt sich aus dem Schutzzweck der verletzten Vorschrift. Das Kartellrecht ist kein Sonderrecht gegenüber dem Lauterkeitsrecht, das dessen Anwendung ausschließt. Beide Rechtsgebiete dienen gemeinsam dem Schutz der Wettbewerbsordnung, unterscheiden sich aber in den rechtlichen Ansatzpunkten und Schutzzielen. Weder ist jede kartellrechtswidrige Maßnahme unlauterer Wettbewerb noch umgekehrt unlauteres Verhalten stets kartellrechtswidrig. Wohl aber können im Einzelfall beide Rechtsgebiete nebeneinander zur Anwendung gelangen, wenn dasselbe Verhalten sowohl gegen Lauterkeitsrecht als auch gegen Kartellrecht verstößt.

Personen

Habilitand/in

Dr. Hasan Karakilic

Betreuung

Dr. Mark-Oliver Mackenrodt

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Josef Drexl

Forschungsschwerpunkte

Kohärenz von Kartell- und Lauterkeitsrecht