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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Kartellrechtsrelevante Marktmanipulationen – Die Europäische Marktmissbrauchsverordnung und der Schutz des Wettbewerbs auf dem Kapitalmarkt

Manipulative Verhaltensweisen auf dem Finanzmarkt können sowohl marktmissbrauchs- als auch kartellrechtliche Verbotstatbestände erfüllen. Bei den naheliegen¬den Überschneidungen der beiden Regime verwundert, dass dieses Ineinandergrei¬fen bei der Missbrauchsbekämpfung bislang vernachlässigt wird.

Letzte Änderung: 17.11.17

Manipulative Verhaltensweisen auf dem Finanzmarkt können sowohl marktmis-sbrauchsrechtliche als auch kartellrechtliche Verbotstatbestände erfüllen. Koordinierungen ermöglichen wettbewerbsunabhängige Marktpreisvorteile und die miss-bräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung auf einem abgrenzbaren (Kapital-)Markt ist denkbar. Bei der LIBOR-/EURIBOR-Affäre sanktionierte die Europäische Kommission im Jahr 2013 erstmals Absprachen auf dem Finanzmarkt wegen kartellrechtlicher Verstöße. Auch insoweit soll die seit 3. Juli 2016 in den Mitgliedstaaten geltende Marktmissbrauchsverordnung (EU) Nr. 596/2014 Regulierungsdefizite beheben. Neben der LIBOR- und EURIBOR-Affäre rechtfertigen weitere Fälle und Hinweise die Annahme, dass manipulative Verhaltensweisen auf dem Finanzmarkt existieren, die sowohl marktmanipulationsrechtliche als auch kartellrechtliche Verbotstatbestände erfüllen. Das Marktmissbrauchsrecht ist Teilgebiet des Finanzmarktrechts und verbietet Marktmanipulationen zur Sicherung der Stabilität und Funktionalität sowie zum Schutz der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung. Das Kartellrecht hat die vordringliche Aufgabe, den funktionierenden Wettbewerb auf einem Markt zu sichern. Obwohl daher Überschneidungen naheliegen, sind keine belastbaren Aussagen zum Verhältnis der Regelungen vorhanden und auch die Marktmissbrauchsverordnung versäumte es, eine Klarstellung zu schaffen.


An dieser Stelle setzt die Arbeit an, indem sie die Schnittstellenproblematik zwischen dem Marktmanipulationsrecht und dem Kartellrecht untersucht, um zu beantworten, ob das Kartellrecht zur effektiven Verhinderung von Manipulationen auf dem Finanzmarkt beitragen und damit dessen Sicherheit und Integrität stärken kann.
Zunächst wird hierfür auf ausgewählte Fälle mit relevanten Schnittstellen-Sachverhalte eingegangen, um daraufhin beide Regelungsregime des Kartell- und Marktmanipulationsrechts gegenüberzustellen. Anschließend werden Konstellationen in fiktiven Fällen zusammengefasst, die sich maßgeblich an den eingangs vorgestellten, aufgedeckten Verstößen orientieren, um in Betracht kommende kartellrechtliche und marktmanipulationsrechtliche Tatbestände zu subsumieren. Um zu untersuchen, wie sich die beiden Systeme materiell und verfahrensrechtlich zueinander verhalten. werden daraufhin die Rechtsfolgen der Regime verglichen.


Die Untersuchung führt zu dem Ergebnis, dass Übereinstimmungen teilweise derartig naheliegen, dass es verwundert, warum das Ineinandergreifen zur Bekämpfung solcher Verhaltensweisen bei der praktischen Anwendung in den Hintergrund zu treten scheint. Es liegt sowohl materiell als auch prozessual ein bedeutendes Ergänzungspotential vor, das durch die Umsetzung der in der Arbeit abschließend konkret unterbreiteten Vorschläge zur Abstimmung der Regime – unter Beachtung der hinter den jeweiligen Regelungen stehenden Gesetzeszwecke – ausgenutzt werden sollte.

Personen

Projektleitung

Prof. Dr. Josef Drexl

Doktorand/in

Sebastian K.-G. Seier

Betreuung

Dr. Dr. Mark-Oliver Mackenrodt

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Rupprecht Podszun

Forschungsschwerpunkte

Ökonomisierung des Kartellrechts