Der in den alten Fassungen des Urheber- und Geschmacksmusterrechts normierte und in allen anderen Teilgebieten
des Immaterialgüterrechts gewohnheitsrechtlich anerkannte Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns ist nach
Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG („Durchsetzungsrichtlinie“) nun als Methode zur abstrakten Bemessung des
Schadensersatzanspruchs gesetzlich verankert. Nach den jüngsten BGH-Entscheidungen (BGH, GRUR 2009, 856 ff. –
Tripp-Trapp-Stuhl; BGH, GRUR 2010, 1090 ff. – Werbung des Nachrichtensenders; BGH, GRUR 2012, 1226 ff. – Flaschenträger)
sind die genauen Parameter für die Berechnung des Verletzergewinns jedoch unklar: Der mit dem Verkauf
eines Verletzerprodukts erzielte Gewinn beruhe laut BGH „in der Regel“ nicht nur und nicht einmal überwiegend
auf dem Schutzrecht, weshalb bei der Schadensbemessung nach dem Verletzergewinn ein Kausalitätsabschlag vorzunehmen
sei.
Sowohl die Instanzgerichte als auch vereinzelte Stimmen in der Literatur bringen gute Argumente gegen einen Kausalitätsabschlag
aufgrund des niedrigen Preises des Verletzerprodukts, der Geschäftskontakte des Verletzers und dessen
Vertriebsbemühungen vor. Auch was den Grad des Verschuldens des Verletzers betrifft, stellt sich in Anbetracht
der Vorgaben des Artikel 3 Abs. 2 und des Artikel 13 der Durchsetzungsrichtlinie die Frage, ob es statt eines zusätzlichen
Kausalitätsabschlags wegen geringen Verschuldens nicht vielmehr eines „Verschuldenszuschlags“ im Falle vorsätzlicher
Produktpiraterie bedarf – nicht zwingend würde darin die Einführung eines Strafschadensersatzes liegen.
Ziel der Arbeit ist eine fundierte, auch rechtsvergleichende Analyse, ob und inwieweit ein Kausalitätsabschlag sowie
ein möglicher Verschuldenszuschlag zu einem sachgerechten Ausgleich des vom Schutzrechtsinhaber erlittenen
Schadens beitragen können.