Veranstaltungsbericht  |  14.01.2022

RISE4 Workshop 2021 – Zwei Tage intensiver wissenschaftlicher Austausch für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Am 6. und 7. Dezember 2021 nahmen mehr als 40 internationale Nachwuchsforscherinnen und ‑forscher von über 30 Universitäten aus der ganzen Welt am 4. Research in Innovation, Science and Entrepreneurship Workshop (RISE4) teil.

Die zweitägige Veranstaltung wurde wieder von Promovierenden der Abteilung Innovation and Entrepreneurship Research unter der Leitung von Dietmar Harhoff organisiert, um jungen Forschenden die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeiten zu präsentieren und zu diskutieren.


Aufgrund der aktuellen pandemischen Lage fand der diesjährige Workshop online statt. Dies war jedoch kein Hindernis, ein spannendes Programm zu bieten. Elf Promovierende präsentierten ihre Arbeiten zu den Themen “Economics of Innovation, Science and Entrepreneurship”. Jedem Vortrag folgte eine Diskussion mit erfahrenen Forscherinnen und Forschern. Ein besonderes Highlight der Veranstaltung war die inspirierende Keynote von Catherine Tucker, der Sloan Distinguished Professorin für Management Science and Marketing an der MIT Sloan School of Management.


Der Workshop wurde mit einer Session zum Thema Entrepreneurship eröffnet. Der erste Vortrag war Forschungsergebnissen zu Ausbildungsprogrammen für Jungunternehmer mit Wachstumspotenzial im Kontext eines Entwicklungslandes gewidmet. Der zweite Vortrag befasste sich mit dem Verständnis von probabilistischem Denken im Unternehmertum und den Auswirkungen der Anwendung einer wissenschaftlichen Methode zur Entscheidungsfindung in einem unternehmerischen und unsicheren Kontext.


Höhepunkt des ersten Tages war die Keynote von Catherine Tucker. Sie stellte Forschungsergebnisse zum Thema Datengetriebene Wirtschaft und Ungleichheit vor. Dies regte eine interaktive Diskussion darüber an, wie Daten einerseits zu Ungleichheit führen können und wie sie andererseits verwendet werden können, um Ungleichheit zu reduzieren.


Es folgte eine Session zum Thema Global Science. Zunächst wurde eine Arbeit über die Auswirkungen eines groß angelegten, staatlich geförderten Programms zur Rekrutierung herausragender Forschender auf die chinesische Forschungsproduktivität präsentiert. Ein weiteres interessantes Thema im Kontext von Global Science war eine Lebenszyklusanalyse zur Frage, wie die Migration von Forschenden sich auf die Entwicklung ihrer Forschungsinteressen auswirkt.


Der zweite Tag begann mit Einblicken in die Determinanten von Innovation in Unternehmen. Zum Auftakt des Workshop-Tages sprachen junge Forschende über Startups, Unicorns und den lokalen Pool an Erfindern ‒ sie zeigten, dass wachstumsstarkes Unternehmertum von der Verfügbarkeit des Humankapitals an hochqualifizierten Erfinderinnen und Erfindern abhängt. Ein zweiter Vortrag befasste sich mit der Frage, wie Metriken die Innovationsrate und -richtung in Unternehmen beeinflussen, was am Beispiel der Automobilsicherheit mittels Daten aus der US-Automobilindustrie gezeigt wurde.


Die nächste Session untersuchte das Thema Datenschutz und Innovation. Anhand von Daten aus dem Bereich des Mobile Gaming wurde die Frage erörtert, ob der Schutz der Privatsphäre von Nutzenden Innovationen in Plattform-Ökosystemen hemmt. Der Workshop beschäftigte sich anschließend mit Innovation im Zusammenhang mit datengetriebener Forschung und diskutierte die Konsequenzen, mit denen zu rechnen ist, wenn durch die Einbindung von Maschinellem Lernen in die Wissensproduktion nicht alle Schritte der Wissensproduktion nachvollziehbar werden ‒ dem sogenannten „Blackboxing“. Schließlich befassten sich Forschende mit den Determinanten von Ideenfindung und Innovation, indem sie Nachweise erbrachten, welche Rolle die Stärkung von Eigentumsrechten bei der Förderung neuer Ideen spielt, und stellten sich der Frage, ob Expertinnen und Experten sich durch das Begutachten von Forschungsprojekten neues Wissen aneignen.


Das komplette Programm mit allen Themen finden Sie hier sowie weitere Eindrücke auf Twitter unter #RISE4Workshop.


Die RISE Workshop-Reihe zielt darauf ab, eine ausgewählte Anzahl herausragender Forschungsarbeiten von Promovierenden und Junior Postdocs eingehend zu diskutieren, Feedback zu geben sowie sich mit Kolleginnen und Kollegen anderer Forschungsinstitutionen zu vernetzen. Dementsprechend bringt der Workshop junge Forschende aus der ganzen Welt mit Forschenden der Münchner Innovation Community zusammen.


Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden, der Keynote-Sprecherin, den Diskutanten und Vortragenden für einen wirklich herausragenden RISE4 Workshop 2021. Unser besonderer Dank gilt allen, die so engagiert an der Organisation mitgewirkt haben, vor allem Svenja Frieß, Klaus KellerKathrin Wernsdorf und Ann-Christin Kreyer. Wir freuen uns bereits auf den RISE5 Workshop 2022 – dann hoffentlich wieder in Präsenz am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb im München.

“New directions in the European Union’s innovation policy?” Alumni Verein Max Planck Institut für Innovation und Wettbewerb
Veranstaltungsbericht  |  10.07.2021

Neue Richtungen in der Innovationspolitik der EU? – 17. Jahrestagung des Instituts gemeinsam mit dem Alumni-Verein

Am 9. Juli 2021 fand die diesjährige Alumni-Konferenz zum Thema “New Directions in the European Union’s Innovation Policy?” statt. Im Rahmen von zwei Panels mit insgesamt vier Keynotes erörterten die Teilnehmenden Fragen der Wettbewerbs- und IP-Politik der Europäischen Union aus interdisziplinärer Perspektive.

“New directions in the European Union’s innovation policy?” Alumni Verein Max Planck Institut für Innovation und Wettbewerb
Am 9. Juli fand die 17. Jahrestagung des Instituts gemeinsam mit dem Alumni-Verein statt.

In welche Richtung geht die Innovationspolitik der Europäischen Union? Können Gesetzgebungsvorhaben wie der Digital Markets Act (DMA) Europa fit machen für das digitale Zeitalter? Ist der europäische IP-Rechtsrahmen angesichts der technologischen Disruption noch geeignet, seine fundamentalen Funktionen zu erfüllen? Diesen Fragen widmete sich die diesjährige Alumni-Konferenz, die am 9. Juli zum 17. Mal vom Institut in Zusammenarbeit mit dem „Förderverein Freunde und ehemalige Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb“ ausgerichtet wurde.
 

Aufgrund der anhaltenden Covid-19-Pandemie fand die Veranstaltung zum ersten Mal in einem Online-Format statt. Forschende und Alumni des Instituts sowie externe Gäste aus aller Welt nutzten die Gelegenheit für fruchtbare Diskussionen über den aktuellen und künftigen rechtlichen und politischen Rahmen für Innovation und Wettbewerb in digitalen Märkten in Europa. Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Grußworte von der Vorsitzenden des Alumni-Vereins, Federica Togo, sowie vom Geschäftsführenden Direktor des Instituts, Josef Drexl.


Die Wettbewerbspolitik der Europäischen Union
 

Das erste Panel, das vom Direktor der ökonomischen Abteilung des Instituts, Dietmar Harhoff, geleitet wurde, widmete sich der Wettbewerbspolitik der EU. Christina Caffarra, Senior Consultant bei Charles River Associates und Gastprofessorin am University College in London, begann mit einem kritischen Blick auf die aktuelle Wettbewerbslandschaft und die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in der digitalen Welt. Sie äußerte im Rahmen ihrer Keynote massive Bedenken, unter anderem bezüglich eines strukturellen Vollzugsdefizits verbunden mit unzureichender Regulierung, die Datenschutzbedenken nicht ausreichend berücksichtigt. Ihr Beitrag enthielt einen kritischen Blick auf den Vorschlag für einen Digital Markets Act (DMA) und weitere Gesetzgebungsvorhaben im Vereinigten Königreich, den USA und Deutschland und warf die Frage auf, ob der aktuelle regulatorische Rahmen geeignet ist, Innovation zu fördern.
 

In der zweiten Keynote des ersten Panels befasste sich Rupprecht Podszun, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht und Direktor des Instituts für Kartellrecht an der Universität Düsseldorf, mit dem Thema “Taking Decisions on Regulating Big Tech”. Er sprach sich für einen prinzipienorientierten Ansatz aus, den politische Entscheidungsträger verfolgen sollten, wenn sie wettbewerbsrechtliche Regeln gegenüber den großen Tech-Unternehmen durchsetzen. Die Präsentation legte ihre Schwerpunkte unter anderem auf die Frage, woher derartige Prinzipien kommen könnten (etwa aus Verfassungsdokumenten) sowie auf das Verhältnis zwischen Wettbewerbsrecht und grundrechtlichen Fragen, wie dem Schutz personenbezogener Daten, Nachhaltigkeit und dem Schutz der Konsumentenautonomie. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Marktmodelle erläuterte er in seiner Keynote verschiedene Interventionsmöglichkeiten.
 

Die Diskussion im Anschluss an die beiden Vorträge drehte sich unter anderem um die Frage, welche Ziele der Digital Markets Act verfolgt (falls überhaupt Ziele auszumachen sind). Diskutiert wurde auch die Frage, wie sich eine Wettbewerbspolitik rechtfertigen lässt, die darauf abzielt, Konsumenten zur Sicherstellung des Wettbewerbs mehr Souveränität und Wahlmöglichkeiten zu geben während sie gleichzeitig durch die Regulierung der großen Tech-Giganten den Komfort für eben jene Konsumenten einschränkt.


Die europäische IP-Politik
 

Das zweite Panel, das von Reto M. Hilty, Direktor in der juristischen Abteilung des Instituts, moderiert wurde, widmete sich der IP-Politik der EU. Katharine Rockett, Professorin an der Universität von Essex, legte in ihrer Keynote die ökonomischen Grundlagen für Schutzrechte dar, die in Bezug auf Daten oder Künstliche Intelligenz bestehen könnten. Sie zeigte zunächst die generellen Voraussetzungen auf, unter denen Schutzrechte für Daten gerechtfertigt sein könnten und legte dabei einen besonderen Schwerpunkt auf Fragen der Lizenzierung und Verbreitung. Nachdem sie erläutert hatte, wie sich Daten von traditionellen immaterialgüterrechtlichen Schutzgegenständen unterscheiden und welche Konsequenzen das für die Ausgestaltung des Immaterialgüterrechts hat, schloss sie ihren Vortrag mit einigen Überlegungen, wie Künstliche Intelligenz traditionelle IP-Paradigmen verändern könnte.
 

Aufbauend auf dieser ökonomischen Grundlage nutzte Matthias Leistner, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Recht des Geistigen Eigentums mit Informationsrecht und IT-Recht an der Universität München, seine Keynote, um aus rechtwissenschaftlicher Perspektive einen Überblick sowohl über die bestehende IP-rechtliche Situation in der EU als auch über anstehende Reformen zu geben. Vor dem Hintergrund eines neu aufkommenden Zugangs- und Portabilitäts-Paradigmas in der Gesetzgebung der EU, setzte er sich sowohl mit dem de lege lata Datenbankwerkschutz im Urheberrecht als auch mit dem sui-generis-Schutz für Datenbanken sowie mit Regeln zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen kritisch auseinander. Er wies insbesondere auf die Notwendigkeit hin, den sui-generis-Datenbankschutz abzuschaffen oder zumindest grundlegend zu reformieren. Anschließend gab Leistner einen Ausblick, wie die Europäische Kommission dies angehen möchte sowie auf andere Probleme im Zuge des anstehenden Data Act.
 

Die anschließende lebhafte Diskussion drehte sich unter anderem um das Problem übermäßig komplexer und sich überschneidender Regulierungsebenen zum Nachteil kleiner Marktteilnehmer, die Möglichkeit der Einführung neuer Registrierungssysteme für noch nicht registrierte Schutzrechte und den Vorteilen eines stärker wettbewerbsrechtlich orientierten Ansatzes zum Schutz von Datenbanken.

Veranstaltungsbericht  |  15.01.2021

RISE3 Workshop 2020 – Zwei Tage intensiver wissenschaftlicher Austausch für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Am 17. und 18. Dezember 2020 nahmen 40 internationale Nachwuchsforscherinnen und -forscher von über 25 Universitäten aus ganz Europa, den USA und Kanada am 3. Research in Innovation, Science and Entrepreneurship Workshop (RISE3) teil.

Bereits zum dritten Mal wurde die zweitägige Veranstaltung von Promovierenden und Postdocs der Abteilung Innovation and Entrepreneurship Research organisiert, um jungen Forschenden die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeiten zu präsentieren und diskutieren.


In Anbetracht der aktuellen globalen Gesundheitskrise fand der diesjährige Workshop online statt. Dies war jedoch kein Hindernis, ein spannendes Programm zu bieten. Elf Promovierende präsentierten ihre Arbeiten zu den Themen “Economics of Innovation, Science and Entrepreneurship” mit verschiedenen methodischen Ansätzen. Jedem Vortrag folgte eine Diskussion mit erfahrenen Forscherinnen und Forschern. Ein besonderes Highlight der Veranstaltung war die inspirierende Keynote von Rosemarie Ziedonis, Professorin an der Questrom School of Business der Boston University, und Sina Khoshosokhan, Assistenzprofessor an der Leeds School of Business der University of Colorado Boulder.


Am ersten Tag wurde der Workshop mit einer Session zu geistigen Eigentumsrechten mit Themen in den Bereichen Patente und Markenrechte eingeleitet. Es folgten zwei Sessions zu den Themenbereichen “Science of Science” sowie Individuen in der Wissensökonomie. Die Vortragenden präsentierten Forschungsergebnisse zur strategischen Gestaltung und Formulierung von Patenten, zur Frage ob eine konsequente Durchsetzung von Markenrechten vor Produktfälschungen schützen kann, zur Wirkung von staatlicher Förderung auf Folgeinnovationen sowie zu den Auswirkungen von freiwilligen Arbeitnehmervertretungen auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen. Der letzte Vortrag des Tages beleuchtete den Gender-Gap im Innovationsbereich, indem geschlechtsspezifisch unterschiedliche Reaktionen auf frühe Patentablehnungen analysiert wurden.


Höhepunkt des ersten Tages war die Keynote von Rosemarie Ziedonis und Sina Khoshoskhan. Sie stellten Resultate aus ihrem umfassenden Projekt “Forty Years of Research on Intellectual Property and Innovation: Dominant Themes and New Horizons” vor ‒ eine Zeitreise durch vierzig Jahre Forschung zu geistigem Eigentum und Innovation. Dies regte eine interaktive Diskussion darüber an, was wissenschaftliche Aufsätze interessant macht, wie sie die Zeit erfolgreich überdauern und was dazu führt, dass sie als bahnbrechend für die gesamte Disziplin gesehen werden.


Der zweite Tag bot interessante Einblicke in Themen rund um Firmenstrategien zur Gestaltung von Innovation, zu Übernahmen und Investitionen im Bereich Innovation sowie zu künstlicher Intelligenz und Innovation. Junge Forscherinnen und Forscher präsentierten Forschungsarbeiten zu globalen Innovationsstrategien multinationaler Unternehmen, Innovationseffekten von Killer-Akquisitionen und den Auswirkungen von Angel-Investments auf Innovation in Unternehmen. In der letzten Session konzentrierten sich die Forschenden auf die Frage, wer KI angesichts des unterschiedlichen Zugangs zu Rechenleistung prägt, sowie auf die Wachstumsbarrieren, auf die Unternehmen bei der Entwicklung von KI stoßen.


Das komplette Programm mit allen Themen finden Sie hier sowie weitere Eindrücke auf Twitter unter #RISE3Workshop.


Die RISE Workshop-Reihe zielt darauf ab, eine ausgewählte Anzahl herausragender Forschungsarbeiten von Promovierenden und Junior Postdocs eingehend zu diskutieren, Feedback zu geben sowie sich mit Kolleginnen und Kollegen anderer Forschungsinstitutionen zu vernetzen.


Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden, Hauptrednerin und -redner, den Diskutanten und Vortragenden für einen wirklich herausragenden RISE3 Workshop 2020. Unser besonderer Dank gilt allen, die so engagiert an der Organisation mitgewirkt haben, vor allem Cristina Rujan, Timm Opitz, Kathrin Wernsdorf und Felix Poege. Wir freuen uns bereits auf den RISE4 Workshop 2021 – dann hoffentlich wieder in Präsenz am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb im München.

“International Conference on Trade Secret Protection“ Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb . Luc Desaunettes-Barbero
Veranstaltungsbericht  |  12.01.2021

“International Conference on Trade Secret Protection” – Neue Wege für Asien

Da der Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Asien bislang wissenschaftlich wenig erforscht ist, hat sich das Institut im Dezember 2020 an der Organisation der “International Conference on Trade Secret Protection” in Taiwan beteiligt. Im Fokus des Programms standen insbesondere die Praktiken für den Geheimnisschutz in verschiedenen asiatischen Rechtsordnungen sowie das Modell der Europäischen Union.

“International Conference on Trade Secret Protection“ Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb . Luc Desaunettes-Barbero
Agenda der “International Conference on Trade Secret Protection”, die im Dezember 2020 in Taiwan stattfand.

Das Recht zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen – auch in Asien. Dennoch gibt es aus asiatischen Staaten bislang kaum systematische Untersuchungen dazu.


Um die verschiedenen regulatorischen Ansätze für den Geheimnisschutz vertiefter diskutieren zu können, hat sich das Institut als Mitveranstalter an der “International Conference on Trade Secret Protection” beteiligt, die im Dezember vergangenen Jahres gemeinsam mit der Singapore Management University, der National Taiwan University und der Taiwan Intellectual Property Law Association organisiert wurde. Die Teilnehmer konnten die Veranstaltung auch per Live-Stream verfolgen.


Im Fokus des Programms stand eine detaillierte Analyse von Gesetzgebung und Rechtsprechung in zehn asiatischen Staaten. Vertreten waren dabei sowohl Rechtsysteme, die in einer zivilrechtlichen Tradition stehen, wie die der VR China, Japans und Koreas, als auch solche, die auf der Common Law Tradition aufbauen, etwa Hongkong, Indien und Singapur. Diskutiert wurden unter anderem die Gültigkeit und der Umfang von Vertraulichkeits- und Wettbewerbsverbotsklauseln, die Beweislast für Geschäftsgeheimnisse und deren Verletzung sowie eine strafrechtliche Verfolgung bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen.


Um asiatischen Staaten als mögliche Orientierungshilfe in weiteren Gesetzgebungsprozessen zu dienen, stand zudem das Modell der Europäischen Union im Fokus der Veranstaltung. Luc Desaunettes-Barbero, der als Vertreter des Instituts online an der Konferenz teilnahm, gab einen Überblick über den Rechtsschutz von Geschäftsgeheimnissen in der Europäischen Union und verdeutlichte diesen anhand von praktischen Beispielen für die Umsetzung in einzelnen Mitgliedstaaten, insbesondere in Deutschland und Frankreich.

An der Online-Konferenz “Fostering Innovation in Europe - Intellectual Property Policies and Law“ von der EIPIN Innovation Society und EUIPO nahmen Josef Drexl,Niccolò Galli, Vicente Zafrilla Diaz-Marta und Letizia Tomada teil
Veranstaltungsbericht  |  22.07.2020

“Fostering Innovation in Europe”: Virtueller wissenschaftlicher Austausch für junge Forschende

Im Rahmen der Online-Konferenz “Fostering Innovation in Europe - Intellectual Property Policies and Law” hatten 14 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler des European Joint Doctorate-Projekts der EIPIN Innovation Society die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse vorzustellen.

An der Online-Konferenz “Fostering Innovation in Europe - Intellectual Property Policies and Law“ von der EIPIN Innovation Society und EUIPO nahmen Josef Drexl,Niccolò Galli, Vicente Zafrilla Diaz-Marta und Letizia Tomada teil
Die Online-Konferenz “Fostering Innovation in Europe”  gab 14 jungen Forschenden die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse zu präsentieren. Foto: EIPIN/EUIPO

Ungeachtet der Schwierigkeiten, die der Covid-19-Ausbruch mit sich gebracht hat, bleibt das European Joint Doctorate-Projekt der EIPIN (European Intellectual Property Institutes Network) Innovation Society seinen wichtigsten Zielen verpflichtet: Qualitativ hochwertige Dissertationsarbeiten zu unterstützen, die die Rolle von Immaterialgüterrechten als komplexes adaptives System für den Innovationsprozess untersuchen. Im Rahmen der Online-Konferenz “Fostering Innovation in Europe - Intellectual Property Policies and Law” konnten am 25. Juni alle 14 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die derzeit ihre Doktorarbeiten abschließen, ihre Forschungsergebnisse vorstellen. Bei der Organisation durfte EIPIN auf die Unterstützung des Europäischen Amtes für geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante bauen. Als Partnerorganisation von EIPIN fungierte das Amt auch als offizieller Gastgeber der Konferenz.


Nachdem das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb zu den Trägerinstitutionen des EIPIN Innovation Society-Projekts gehört, leisteten vier Institutsmitglieder einen aktiven Beitrag zu der Konferenz. Professor Josef Drexl, Geschäftsführender Direktor des Instituts, moderierte das Panel “Intellectual Property as a Complex Adaptive System” (Panel 1). Gemeinsam mit den jungen Forschenden diskutierte er das Verhältnis zwischen Immaterialgüterrechten und Innovation und hob das Spannungsverhältnis zwischen Anreizsystemen und dem Zugang zu immateriellen Gütern als wichtigsten Innovationsantrieb, insbesondere in Spitzentechnologien wie Künstlicher Intelligenz, hervor. Zudem stellten die drei Forschenden Niccolò Galli, Vicente Zafrilla Diaz-Marta und Letizia Tomada, deren Dissertationsprojekte zu einem erheblichen Teil durch das Institut betreut werden, während der Konferenz ihre Forschungsarbeiten vor.


Die Forschungsergebnisse im Überblick
 

Im Rahmen des ersten Panels stellte Niccolò Galli seine Forschungsergebnisse über das Zusammenspiel zwischen Patent Aggregation, Innovation und dem EU-Wettbewerbsrecht in den Mittelpunkt. Unter Verzicht auf negativ besetzte Begriffe wie Patenttrolle, plädierte er für eine verhaltensbasierte Neudefinition des Phänomens der Patent Aggregation im Sinne eines Aufbaus von ITK-Patentportfolien für eine anschließende Nutzung außerhalb des produzierenden Gewerbes. Aufbauend auf einer derartigen Neudefinition entwickelte er einen analytischen Rahmen, um innerhalb einer wettbewerbsrechtlichen Untersuchung zu bewerten, wie sich Patent Aggregation auf Innovation auswirken kann.


Während des Panels “Governance of Production and Technologies” (Panel 2) fokussierte sich Vicente Zafrilla Diaz-Marta auf einen sehr spezifischen – und durchführbaren – Vorschlag, um eine zu hohe oder zu geringe Offenlegung von standardessentiellen Patenten (Standard Essential Patents, SEPs) im Rahmen von Standardisierungsorganisationen zu vermeiden. Seine Empfehlung stützt sich auf die Ziele des Offenlegungssystems – in erster Linie den Marktzutritt neuer Anbieter sicherzustellen, in zweiter Linie Implementierer zu Lizenzierungszwecken zu informieren. Sie balanciert die Anreize und Dynamiken aus, die die Inhaber standardessentieller Patente zu einer Unter- oder Überdeklarierung von SEPs animieren beziehungsweise sie abschrecken könnten, ein entsprechendes Verhalten an den Tag zu legen.


Während des Panels “Adjudication, Justice and Enforcement” (Panel 3) präsentierte Letizia Tomada einen Teil ihrer Forschungsergebnisse über die Auswirkungen, die die Gründung des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) auf die Innovationen von Start-ups haben könnte. Sie analysierte einige Besonderheiten des EPG, die starke etablierte Unternehmen gegenüber finanziell schwächeren Start-ups begünstigen könnten. Die Diskussion drehte sich um den Mangel an Nähe zum tatsächlichen Gerichtsstand und den territorialen Anwendungsbereich der Rechtsprechung. Zuletzt stellte sie in ihrer Diskussion mögliche Änderungen des „Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht“ vor, die das bestehende Ungleichgewicht abmildern könnten.


Weitere Informationen zum Doktorandenprogramm sind auf der Website der EIPIN Society erhältlich.


This project has received funding from the European Union's Horizon 2020 research and innovation programme under the Marie Skłodowska-Curie grant agreement no 721 733.

14th Workshop on the Organisation, Economics and Policy of Scientific Research
Veranstaltungsbericht  |  13.07.2020

14th Workshop on the Organisation, Economics and Policy of Scientific Research – Zwei Tage reger wissenschaftlicher Austausch im virtuellen Raum

Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb war am 9. und 10. Juli 2020 Gastgeber des gemeinsam mit der TU München und dem BRICK/Collegio Carlo Alberto, Turin, organisierten jährlichen “Workshop on the Organisation, Economics and Policy of Scientific Research”.

14th Workshop on the Organisation, Economics and Policy of Scientific Research

Der Workshop wurde ursprünglich in Turin ins Leben gerufen, wird aber mittlerweile auch an anderen bedeutenden Forschungsstandorten wie am Centre for Research on Entrepreneurship and Innovation der University of Bath (2018) und am GREThA der Université de Bordeaux-CNRS (2019) ausgetragen.


Aufgrund der derzeitigen Pandemie-Situation fand die Veranstaltung, die zunächst für Ende April geplant war, nun erstmals sehr erfolgreich im Online-Format statt. Begrüßt wurden die Teilnehmenden von Michael E. Rose, Senior Research Fellow in der Abteilung Innovation and Entrepreneurship Research, und der Co-Organisatorin Hanna Hottenrott, Professorin für Innovationsökonomie an der TU München.


Die 12 Präsentationen in sechs Sessions, die auf zwei Tage verteilt waren, fanden regen Zuspruch bei bis zu 70 Teilnehmenden. Besonders gefragt waren die Nachmittags-Sessions, zu denen sich entsprechend der Zeitverschiebung auch Forschende aus den USA zuschalten konnten. Zusätzlich zu den Präsentationen wurden virtuelle Breakout-Räume geschaffen, die es den Forschenden nach langer Zeit erstmals wieder ermöglichten, neue Kontakte zu anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu knüpfen.
 

Die Themen im Überblick


Die erste Session konzentrierte sich zunächst auf die Frage „How Scientists Search“. Am Beispiel der Antikörpersuche wurde gezeigt, wie durch Ranking von Suchergebnissen die Suche verzerrt werden kann. Der zweite Vortrag behandelte, wie die Neuartigkeit und Tragweite von wissenschaftlichen Artikeln im Bereich der Physik mit der Teamgröße zusammenhängen.


Die zweite Session beschäftigte sich mit Themen im Bereich der akademischen Ausbildung. Beschlossen wurde der erste Workshop-Tag in Session 3 mit Untersuchungen, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf den plötzlichen Verlust von Forschungsressourcen reagieren.


Der zweite Tag eröffnete mit zwei Präsentationen zu Fragen informeller Kooperation in den Wirtschaftswissenschaften. Im Mittelpunkt von Session 5 stand die Wissenschaftsförderung: Hier wurden sowohl theoretische als auch empirische Forschungsergebnisse zur optimalen Gestaltung von Wissenschaftsförderprogrammen präsentiert.


In der letzten Workshop-Session unterstrichen die Präsentierenden zum einen, wie wichtig Kohärenz und Ausrichtung an der eigenen bisherigen Forschung sind, um Forschungsfinanzierung zu erlangen, und zum anderen, dass Humor und Neugier mehr Bedeutung als Motor für wegweisende wissenschaftliche Forschung haben als Forschungspreise.


Das komplette Programm zur Nachlese finden Sie hier.


Mehr Informationen auf der Workshop-Webseite und weitere Eindrücke auf Twitter unter #woepsr2020.


Wir bedanken uns bei allen, die an der Organisation des Workshops mitgewirkt haben, sowie den Teilnehmenden, Vortragenden und Diskutanten für einen wirklich außergewöhnlichen und inspirierenden Workshop und freuen uns auf WOEPSR 2021. Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb wird innerhalb der nächsten zwei Jahre erneut Gastgeber sein und hofft, die Teilnehmenden dann vor Ort willkommen zu heißen.

Francis Fay (Europäische Kommission DG Agri) spricht beim GI-Workshop im Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb
Veranstaltungsbericht  |  03.04.2020

GI-Workshop – Zwei Tage im Zeichen Geographischer Herkunftsangaben

Da die Wirkung des Schutzes Geographischer Herkunftsangaben bislang wenig erforscht ist, hat das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb im vergangenen Jahr eine Forschungsgruppe gegründet, die das GI-System der EU und darüber hinaus umfassend analysiert. Bei einem Workshop präsentierten die Wissenschaftler ihre bisherigen Forschungsergebnisse und tauschten sich mit internationalen Experten aus.

Francis Fay (Europäische Kommission DG Agri) spricht beim GI-Workshop im Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb
Francis Fay von der Europäischen Kommission spricht beim GI-Workshop über die EU-Politik im Bereich der GIs

Geographische Herkunftsangaben (Geographical Indications, GIs) sind Bezeichnungen für Produkte aus einem geographischen Gebiet, die ihre Qualität oder ihren Ruf ihrer geographischen Herkunft verdanken. In der Europäischen Union werden sie als Immaterialgüterrechte durch ein eigenständiges Rechtssystem geschützt. Da es sich zugleich um ein Instrument der Agrarpolitik zur Förderung der Produktions- und Lebensverhältnisse im ländlichen Raum handelt, gibt es zahlreiche Unterschiede zu anderen Gebieten des Immaterialgüterrechts. Besonderheiten ergeben sich auch daraus, dass die erste und häufig wichtigste Phase der Rechtserteilung vor nationalen Behörden stattfindet, wodurch nationale Traditionen und Eigenheiten die angestrebte Einheitlichkeit des Schutzes beeinträchtigen könnten.


Da es zu GIs – trotz inzwischen verstärkter Aufmerksamkeit von Politik und Ökonomie für das Thema – bislang wenig rechtswissenschaftliche Forschung gibt, hat das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb Anfang vergangenen Jahres ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, um das GI-System der EU und darüber hinaus umfassend zu analysieren. Am 13. und 14. Februar fand im Institut ein Workshop über GIs statt, an dem internationale Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie Vertreter von Behörden der EU und aus einigen Mitgliedstaaten teilnahmen. Im Rahmen des Workshops konnten die Wissenschaftler des Instituts ihre bisherigen Forschungsergebnisse vorstellen und mit den Teilnehmern diskutieren.
 

Geographische Herkunftsangaben in der EU


Zu Beginn des Workshops erläuterte der Projektkoordinator Andrea Zappalaglio Ziele und Struktur des Projekts und präsentierte die Ergebnisse der Auswertung und empirischen Analyse der in den Spezifikationen zu den GIs zusammengefassten Schutzparameter, die in der EU-Datenbank DOOR (Database of Origin & Registration) registriert sind. In dieser von der EU-Kommission verwalteten Datenbank sind alle registrierten Agrarprodukte und Lebensmittel veröffentlicht.


Anschließend gaben Repräsentanten der EU-Kommission Einblicke in die Arbeiten und Pläne der neuen Kommission. Francis Fay, Leiter des für GIs zuständigen Referats der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (DG Agri), und Valerie Dufour (ebenfalls DG Agri) erläuterten die aktuelle Prüfungspraxis der Kommission sowie die EU-Politik im Bereich der GIs und diskutierten mit den Teilnehmern über Herausforderungen und Optionen zur Optimierung des Systems. Marie D'Avigneau und Malwina Mejer von der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (DG Grow) berichteten über den Stand der Arbeiten zur Schaffung eines Schutzes von GIs für nicht-landwirtschaftliche Produkte.


Am zweiten Tag des Workshops präsentierte zunächst das Max-Planck-Forschungsteam die vorläufigen Resultate einer vergleichenden Analyse der nationalen Verfahren, nach denen GI-Anträge in den Mitgliedstaaten geprüft werden. Alexander von Mühlendahl, Anwalt in der Münchner Kanzlei Bardehle Pagenberg und Gastprofessor an der Londoner Queen Mary University, und Elisa Zaera Cuadrado vom Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) erläuterten anschließend das Verhältnis von Marken und GIs im EU-Recht und die Prüfungspraxis des EUIPO. Pilar Montero von der Universität Alicante referierte zum Umfang des Schutzes von GIs, der sich aus dem EU-Recht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelt hat.
 

GIs aus internationaler Perspektive


Im zweiten Teil des Vormittags richtete sich der Fokus des Workshops auf die internationale Perspektive. Roxana Blasetti von der Universität Buenos Aires, die als Gastwissenschaftlerin am Institut tätig ist, stellte die ausgehandelte Lösung zum gegenseitigen Schutz von GIs der Vertragsparteien im Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten vor. Anschließend gaben die Max-Planck-Wissenschaftler Suelen Carls und Pedro Batista einen Überblick über das Institutsprojekt „Smart IP for Latin America“ und erläuterten die Forschungsaktivitäten bezogen auf das Teilprojekt, das den Schutz von GIs in ausgewählten lateinamerikanischen Ländern untersucht. Zuletzt sprach Alexandra Grazioli, Direktorin der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO), über Chancen und Herausforderungen für das von der WIPO verwaltete Lissabonner Abkommen über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben nach dem Inkrafttreten der Genfer Akte (Geneva Act) am 26. Februar 2020.


Der Workshop schloss mit einer intensiven Diskussion am Nachmittag des zweiten Tages, die von der Max-Planck-Wissenschaftlerin Annette Kur moderiert wurde. Das wertvolle Feedback der Teilnehmer gab der Forschungsgruppe des Instituts wichtige Impulse für die weitere Arbeit. Nach der empirischen Analyse der in der EU registrierten GIs wird sich das Projekt auf die Funktionsweise der in das Schutzsystem involvierten nationalen Behörden und auf die Zusammenarbeit zwischen diesen, den Antragstellern und der EU-Kommission konzentrieren. Aufbauend auf diesen empirischen Erkenntnissen ist eine Analyse ausgewählter Rechtsfragen geplant.

10. GWB-Novelle: Vortrag von Dr. Thorsten Käseberg zum GWB-Digitalisierungsgesetz
Veranstaltungsbericht  |  20.02.2020

10. GWB-Novelle: Neue Instrumente für eine Wettbewerbspolitik im digitalen Zeitalter

Mit dem „GWB-Digitalisierungsgesetz“ möchte die Bundesregierung das Kartellrecht fit machen für die Anforderungen der modernen Plattformökonomie. Im Rahmen des Münchner Kartellrechtsforums stellte Thorsten Käseberg, Leiter des Referats Wettbewerbs- und Verbraucherpolitik im Bundeswirtschaftsministerium, die wichtigsten Neuerungen des vorliegenden Referentenentwurfs vor.

10. GWB-Novelle: Vortrag von Dr. Thorsten Käseberg zum GWB-Digitalisierungsgesetz
Thorsten Käseberg spricht beim Münchner Kartellrechtsforum im Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb über die 10. GWB-Novelle. Foto: Ulrike Garlet

Die Macht digitaler Plattformen stellt nicht nur Verbraucher und kleinere Unternehmen vor neue Herausforderungen, sondern auch die Wettbewerbsbehörden. Inwieweit die Wettbewerbspolitik neue Instrumente braucht, um Machtkonzentrationstendenzen in der Plattformökonomie entgegenwirken zu können, wird deswegen bereits seit längerem diskutiert.
 

Mit der 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat das Bundeswirtschaftsministerium einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der genau das vorsieht: Die geplante Novellierung soll dem Bundeskartellamt zusätzliche Instrumente an die Hand geben, um wirksamer gegen marktmächtige Digitalunternehmen vorgehen zu können. Ziel des Gesetzes ist nicht weniger als einen „digitalen Ordnungsrahmen“ zu schaffen.
 

Pünktlich zur offiziellen Bekanntgabe des Referentenentwurfs gab Thorsten Käseberg, Leiter des Referats Wettbewerbs- und Verbraucherpolitik im Bundeswirtschaftsministerium, im Rahmen des Münchner Kartellrechtsforums am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb einen Überblick über die geplanten Neuregelungen des „GWB-Digitalisierungsgesetzes“.
 

Politisches Kernstück des Referentenentwurfs ist die Modernisierung der Missbrauchsaufsicht für marktmächtige Digitalunternehmen. „Man kann sagen, dass der Wind an dieser Stelle deutlich gedreht hat“, fasste Käseberg zu Beginn seines Vortrages die Grundstimmung in der Gesellschaft, aber auch in vielen Wettbewerbsbehörden weltweit, zusammen. Immer mehr Beobachter wiesen mittlerweile darauf hin, dass die Behörden mit den aktuellen Regeln manche Verhaltensweisen von dominanten Unternehmen nicht mehr in den Griff bekommen könnten.
 

Die zunehmende Bedeutung von Daten als Wertschöpfungsfaktor greift die Novelle auf, indem sie den „Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten“ als zusätzliches Kriterium bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens einführt (§ 18 Abs. 3 GWB n.F.). Zudem hält im neuen Paragraphen 18 Abs. 3b das Konzept der „Intermediationsmacht“ als Faktor für die Ermittlung einer marktbeherrschenden Stellung Einzug in das Gesetz. Dadurch soll die Rolle, die Plattformunternehmen als Vermittler auf mehrseitigen Märkten typischerweise einnehmen, besser erfasst werden.
 

Den veränderten Rahmenbedingungen von digitalen Geschäftsmodellen trägt die GWB-Novelle auch durch eine Ausweitung der „Essential Facilities Doctrine“ Rechnung. „Wir haben versucht, den bisher auf rein physischen Infrastrukturen beruhenden Tatbestand zu öffnen und zu internationalisieren“, so Käseberg. Weigert sich ein marktbeherrschendes Unternehmen, einem anderen Unternehmen Zugang zu Daten zu gewähren, kann dieses Verhalten nach dem neuen Paragraphen 19 Abs. 2 Nr. 4 unter bestimmten Voraussetzungen als wettbewerbsrechtlich missbräuchlich eingestuft werden. „Auch, wenn wir die Frage der Governance von Daten damit nicht abschließend lösen können, wollen wir ein Instrument für den Fall eines klaren Missbrauchs schaffen.“
 

Besonders stark umkämpft dürfte nach Einschätzung von Käseberg der neue Paragraph 19a sein, der in Absatz 2 besondere Verhaltenspflichten für große Plattformunternehmen vorsieht, deren überragende marktübergreifende Bedeutung das Bundeskartellamt festgestellt hat. Die Behörde kann ihnen unter anderem untersagen, Angebote von Wettbewerbern anders zu behandeln als eigene Angebote (Selbstbegünstigungsverbot) und auf einem Markt, auf dem sie zwar nicht marktbeherrschend sind, ihre Stellung aber schnell ausbauen können, Wettbewerber zu behindern. Desweiteren kann das Bundeskartellamt ihnen untersagen, durch die Nutzung der von ihnen gesammelten Daten auf einem anderen Markt Zutrittsschranken zu errichten oder die Portabilität von Nutzerdaten zu erschweren.
 

Die deutsche Missbrauchskontrolle greift nach Paragraph 20 Abs. 1 bereits unterhalb der Schwelle von Marktmacht bei einer Abhängigkeit von Unternehmen. Gegenwärtig gelten diese Regelungen jedoch nur zugunsten von kleinen und mittleren Unternehmen. In der 10. GWB-Novelle ist eine Aufhebung dieser Beschränkung geplant.
 

Neben der Reform der Missbrauchsaufsicht möchte die 10. GWB-Novelle unter anderem die Aufgreifschwellen für die Fusionskontrolle anheben und die Kooperation von Unternehmen rechtssicherer machen. Umgesetzt wird mit der Gesetzesnovelle zudem die ECN+-Richtlinie, die eine Stärkung der Wettbewerbsbehörden in den Mitgliedstaaten der EU zum Ziel hat.

Veranstaltungsbericht  |  10.01.2020

RISE2 Workshop 2019 – Zwei Tage intensiver wissenschaftlicher Austausch für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Am 16. und 17. Dezember 2019 nahmen 50 internationale Nachwuchsforscherinnen und -forscher von über 20 Universitäten aus ganz Europa und den USA am 2. Research in Innovation, Science and Entrepreneurship Workshop (RISE2) teil.

Foto: Myriam Rion

Bereits zum zweiten Mal wurde die zweitägige Veranstaltung von Promovierenden und Postdocs der Abteilung Innovation and Entrepreneurship Research unter der Leitung von Dietmar Harhoff organisiert, um jungen Forschenden die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeiten zu präsentieren und diskutieren.


Die diesjährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer erlebten zwei Workshop-Tage mit einem spannenden Programm, das aus 14 Vorträgen zu den Themen “Economics of Innovation, Science and Entrepreneurship” mit verschiedenen methodischen Ansätzen bestand, denen 14 Diskussionen mit erfahrenen Forscherinnen und Forschern folgten. Ein besonderes Highlight der Veranstaltung war die inspirierende Keynote von Pierre Azoulay, Professor an der MIT Sloan School of Management und Research Associate am National Bureau of Economic Research.


Am ersten Tag konzentrierte sich der Workshop auf Themen rund um die Determinanten wissenschaftlicher Produktivität. Die Referierenden stellten Forschungsergebnisse vor, wie interessante Forschungsfragen und potenzielle Koautorinnen und -autoren ausgewählt werden sowie welche Bedeutung der Zugang zu Fördermitteln und Forschungsausstattung hat. Der Nachmittag war Genderfragen im Bereich der Wissenschaft gewidmet, insbesondere der Analyse von Peer-Effekten und der Bedeutung weiblicher Rollenvorbilder. Zum Abschluss des Tages präsentierte der Hauptredner Pierre Azoulay interessante Forschungsergebnisse zum Thema “The Impact of Scientific Training on Today’s Trainers”. Er betonte, dass gezielte Ausbildungsprogramme für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen wichtigen Beitrag zur Förderung wissenschaftlicher Talente leisten sowie dazu beitragen, dass diese in der Wissenschaft aktiv bleiben.


Der Vormittag des zweiten Tages bot interessante Einblicke in die Themen Innovation und Entrepreneurship. Hier wurden Forschungen zur geografischen Verbreitung von Wissen sowie zum Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in kommerzielle Anwendungen präsentiert. Sie beleuchteten die Bedingungen, unter denen Universitäten und einzelne Forschende die Innovationskraft ihrer Communities fördern. Am Nachmittag konzentrierte sich der Workshop auf Fragen zur Gestaltung und zu Auswirkungen von Regelungen zum Schutz geistigen Eigentums. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler simulierten mögliche Folgen von Veränderungen im derzeitigen europäischen Patentsystem. Darüber hinaus lieferten sie evidenzbasierte Ergebnisse zu Auswirkungen von Patenten auf Start-ups sowie auf das Preisgestaltungsverhalten von Unternehmen.


Das komplette Programm mit allen Themen finden Sie hier sowie weitere Eindrücke auf Twitter unter #RISE2Workshop.


Die RISE Workshop-Reihe zielt darauf ab, eine ausgewählte Anzahl herausragender Forschungsarbeiten von Promovierenden und Junior Postdocs eingehend zu diskutieren, Feedback zu geben sowie sich mit Kolleginnen und Kollegen anderer Forschungsinstitutionen zu vernetzen.


Wir bedanken uns bei allen, die an der Organisation des Workshops mitgewirkt haben, sowie allen Teilnehmern, dem Hauptredner, den Diskutanten und Vortragenden für einen wirklich herausragenden RISE2 Workshop 2019. Wir freuen uns auf den RISE3 Workshop 2020.

Verbraucherrechtstage im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz
Veranstaltungsbericht  |  10.01.2020

Datenzugang, Verbraucherinteressen und Gemeinwohl

Anlässlich der Verbraucherrechtstage 2019, deren wissenschaftliche Betreuung das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb übernommen hatte, diskutierten Vertreter aus Wissenschaft und Politik, wie der Zugang zu Daten im digitalen Zeitalter verantwortungsvoll gestaltet werden sollte.

Verbraucherrechtstage im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz
Bei den Verbraucherrechtstagen tauschten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Thema „Datenzugang, Verbraucherinteressen und Gemeinwohl“ aus. Foto: BMJV

Daten treiben die digitale Transformation an. Sie bilden die Grundlage für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, sind das Futter für Künstliche Intelligenz und die Voraussetzung für Innovation.


Im digitalen Zeitalter sind Unternehmen, Verbraucher und auch der Staat auf den Zugang zu Daten angewiesen, die von anderen kontrolliert werden. Die Notwendigkeit und Rechtfertigung neuer Datenzugangsregeln sowie die Frage nach deren konkreter Ausgestaltung stellt deswegen nicht nur die Politik – auf nationaler und europäischer Ebene – vor neue Herausforderungen, sondern gewinnt jüngst auch im rechtswissenschaftlichen Diskurs an Bedeutung.


Vertreter aus Wissenschaft und Politik für eine Diskussion über Fragen des Datenzugangs zusammenzubringen, war deswegen das Ziel der Verbraucherrechtstage 2019. Die wissenschaftliche Betreuung der zweitägigen Veranstaltung im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hatte das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb unter Federführung seines Direktors Josef Drexl übernommen.


Im Rahmen von Vorträgen, Keynotes und einer Podiumsdiskussion erörterten die Teilnehmer, wie der Zugang zu Daten im digitalen Zeitalter gestaltet werden sollte, damit Innovation und Wettbewerb gefördert, gleichzeitig aber Privatsphäre und Geschäftsgeheimnisse angemessen geschützt werden. Die Veranstaltung beleuchtete die Frage des Datenzugangs nicht nur vor einem wettbewerbspolitischen Hintergrund, sondern rückte vor allem Gemeinwohl- und Verbraucherinteressen in den Fokus.


Die Keynote am ersten Veranstaltungstag übernahm Professor Christiane Wendehorst, die als Co-Sprecherin der Datenethikkommission der Bundesregierung die wichtigsten Ergebnisse der Kommissionsarbeit erläuterte. In der Keynote am zweiten Tag gab Malte Beyer-Katzenberger von der Europäischen Kommission mit seinem „Bericht aus der europäischen Werkstatt“ einen Einblick, welche Initiativen sich auf Kommissionsebene im Hinblick auf die Förderung von Datenzugang abzeichnen.


Vom Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb sprachen Professor Josef Drexl über die mögliche Einführung von Datenzugangsansprüchen von Verbrauchern in Bezug auf Daten, die von „Smart Products“ generiert werden, Jörg Hoffmann über das Potenzial bestehender und zukünftiger sektorspezifischer Zugangsansprüche von Wettbewerbern sowie Heiko Richter über Regeln, die dem Staat zum Zwecke der Verfolgung von Gemeinwohlbelangen den Zugang zu Daten der Privatwirtschaft eröffnen.


Die Beiträge der Tagung sollen in einem Sammelband dokumentiert werden, der noch im Jahr 2020 erscheinen soll. Die rechtspolitische Bedeutung der Veranstaltung wird nicht zuletzt durch den Umstand unterstrichen, dass Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2020 die Ratspräsidentschaft auf europäischer Ebene übernehmen wird. Unbestreitbar ist jedenfalls der Stellenwert, dem das Ziel der Förderung des Datenzugangs inzwischen auch in der Regierungspolitik eingeräumt wird. „Wir setzen uns für einen verbesserten Zugang zu Daten ein, und rücken mit den Verbraucherrechtstagen dabei das Gemeinwohl und die Verbraucherinteressen in den Fokus der Diskussion. Unerlässlich ist, dass dabei stets der Schutz der Rechte eines jeden Einzelnen gewährleistet wird“, sagte Staatssekretär Gerd Billen zum Ausklang der Veranstaltung.


Eine ausführliche Zusammenfassung der Verbraucherrechtstage finden Sie hier.