UN Sustainable Development Goals Wheel
Studie  |  28.02.2024

Nachhaltige Entwicklung durch Data Governance

Wie der Umgang mit Daten dazu dienen kann, eine nachhaltige Entwicklung in Wachstumsregionen zu erreichen, haben Forschende des Instituts gemeinsam mit Wissenschaftler*innen aus dem Senegal untersucht und nun einen Bericht vorgelegt.

Teilnehmende des Dakar-Workshops, Senegal, 17.03.2022
Teilnehmende des Workshops, Senegal, 17.03.2022. Foto: Begoña Gonzalez Otero
UN Sustainable Development Goals Wheel
UN Sustainable Development Goals

Grundlage waren die Ergebnisse eines Workshops, der im März 2022 in Dakar (Senegal) stattfand. Dieser war Teil des umfassenderen internationalen Projekts “Data Governance in Emerging Economies to Achieve the Sustainable Development Goals (SDGs)”, das untersucht, welche Chancen und Möglichkeiten Data Governance bietet, um die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen.


Der vierteilige Bericht enthält eine umfassende Bewertung der senegalesischen Rechtsvorschriften für den Zugang zu und die gemeinsame Nutzung von Daten (Teil I), die die Grundlage für eine detaillierte Untersuchung der Ausrichtung dieses Rechtsrahmens auf die SDGs bildet. Die Praktiken des Agrarsektors zur gemeinsamen Nutzung von Daten und ihr potenzieller Beitrag zu Wirtschaftswachstum und nachhaltiger Entwicklung werden in Teil II beleuchtet, gefolgt von einer Untersuchung der Herausforderungen und Chancen der Datenverwaltung für Finanzdienstleistungen im digitalen Zeitalter (Teil III). Teil IV fasst die Diskussionen des Workshops zusammen und bietet wertvolle Erkenntnisse, Schlussfolgerungen und zukunftsweisende Empfehlungen.


Diese wissenschaftliche Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag zum laufenden Diskurs über Data Governance und ihre zentrale Rolle bei der Verwirklichung der SDGs. Die hier vorgestellten nuancierten Analysen und Erkenntnisse dienen als wertvolle Quelle für politische Entscheidungsträger*innen, Forschende und Anwender*innen, die an der Schnittstelle von Data Governance, Entwicklung und Nachhaltigkeit tätig sind. Darüber hinaus bieten die skizzierten Empfehlungen und die geplante Forschungsagenda einen Fahrplan für zukünftigen Bemühungen der Forschenden, die darauf abzielen, Data Governance in Schwellenländern voranzutreiben und sich an der Vision des UN AI Advisory Board zu orientieren, Künstliche Intelligenz zur Förderung des Gemeinwohls zu regulieren.


Mor Bakhoum, Begoña Gonzalez Otero, Jörg Hoffmann, Minata Sarr
Data Governance in Emerging Economies to Achieve the Sustainable Development Goals Senegal Country Report Based on the Workshop Shaping Data Sharing Policies in the Agricultural and the Financial Services Sector (Dakar, March 16-17, 2022)
Max Planck Institute for Innovation & Competition Research Paper No. 24-05

EU-Kommission Brüssel
Stellungnahme  |  07.02.2024

Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung über standardessentielle Patente

In der  Stellungnahme vom 6. Februar 2024 zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über standardessentielle Patente (SEP) untersucht das Institut den Vorschlag auf seine Eignung, die Herausforderungen der SEP-Lizenzierung im Kontext des Internet der Dinge zu bewältigen und zu einer ausgewogenen globalen SEP-Lizen­zierung beizutragen. Hieraus werden rechtspolitische Empfehlungen abgeleitet.

EU-Kommission Brüssel
EU-Kommission Brüssel. Foto: Hella Schuster

Am 27. April 2023 legte die Europäische Kommission ihren Vorschlag vor. Ziel der Ver­ordnung ist es, den SEP-Lizen­zierungs­rahmen zu verbessern, indem die Trans­parenz bei Lizenz­verhand­lungen erhöht und Trans­aktions­kosten gesenkt werden. Dabei sind ins­beson­dere (1) die Ein­richtung eines Registers für SEPs mit Wesent­lichkeits­prüfungen aus­gewählter und re­präsen­tativer Stich­proben von SEPs, (2) die Ein­führung eines Ver­fahrens zur Fest­legung unverbind­lichen Gesamt­lizenz­gebühren und (3) ein vor­gericht­liches Schlich­tungs­ver­fahren zur Fest­le­gung von FRAND-Lizenz­gebühren vor­gesehen. Institu­tionell soll ein neues Kompetenz­zentrum innerhalb des Europäischen Amtes für geistiges Eigen­tum (EUIPO) mit der Durch­führung dieser Aufgaben betraut werden.

Symbolbild Genomeditierung. Bild: vchalup/Adobe Stock
Stellungnahme  |  10.08.2023

Stellungnahme zu neuen Genom-Editierungs­techno­logien und Fragen des Immaterial­güter­rechts

Eine neue Stellung­nahme des Instituts befasst sich mit Fragen zu Immaterial­güter­rechten für Genom-Editierungs­techno­logien und genom-editierte Pflanzen in der EU. Sie enthält eine Reihe politischer Empfehlungen zur Erleichterung des Zugangs zu und der Nutzung von immaterial­güter­rechtlich geschützten Genom-Editierungs­techno­logien und ihren Erzeugnissen im Pflanzenzüchtungssektor.

Symbolbild Genomeditierung. Bild: vchalup/Adobe Stock
Symbolbild Genomeditierung. Bild: vchalup/Adobe Stock

Am 5. Juli 2023 hat die Europäische Kommission einen Verordnungsvorschlag vorgelegt, mit dem in der EU die Anforderungen für die Markt­zulassung von Pflanzen gelockert werden sollen, die durch einige neue genomische Techniken (sogenannte NGTs, New Genomic Techniques) gewonnen werden. Es wird erwartet, dass NGTs für Züchter und Landwirte attraktiver werden. Jedoch kann die Komplexität der Immaterial­güter­rechte im Bereich NGTs und der ent­sprechenden Produkte sich negativ auf Inno­vationen auswirken. Angesichts zahlreicher Bedenken bezüglich des Immaterial­güter­rechts­schutzes für NGTs und entsprechende Pflanzen hat eine Forschungsgruppe des Instituts eine Reihe politischer Empfehlungen erarbeitet, die den Zugang zu und die Nutzung von derartigen Technologien und Produkten im Pflanzenzüchtungssektor erleichtern können.


Direkt zur Stellungnahme:
Position Statement (8 August 2023) on New Genomic Techniques and Intellectual Property Law: Challenges and Solutions for the Plant Breeding Sector


Mehr zum Thema:
CRISPR/Cas Technology and Innovation: Mapping Patent Law Issues

Valentina Moscon
Studie  |  24.07.2023

Freier Zugang versus exklusive Kontrolle in der europäischen Datenregulierung

Valentina Moscon, wissenschaftliche Referentin am Institut, erkennt in ihrem neuesten Artikel einen Trend in der europäischen Daten­regu­lie­rung. Dieser geht hin zur Schaffung von Datenexklusivität durch Ur­heber­recht und technische Schutzmaßnahmen und läuft dem An­spruch des freien Zugangs zu Daten ent­gegen.

Valentina Moscon
Dr. Valentina Moscon, wissenschaftliche Referentin am Institut

Moscon nutzt Fallstudien – konkret die Regelung von Text- und Data-Mining (TDM) in der EU-Urheberrechtsrichtlinie von 2019 und das kommende EU-Datengesetz, das den Zugang zu IoT-Daten regelt – um zu analysieren, in welcher Art und Weise sich der erkannte Trend bereits durchsetzt und wo dieser im Widerspruch sowohl zu etablierten Grundsätzen des europäischen und internationalen Urheberrechts als auch zur ausgewogenen Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten steht.


Einerseits zeigt der Fall des Text- und Data-Mining, dass sich der Geltungsbereich des Urheberrechts ausweitet, und es ist anzunehmen, dass private Ordnungsmechanismen wie technische Schutzmaßnahmen (TPMs), die es den Rechteinhabern ermöglichen, ausschließliche Rechte auszuüben, diesen Geltungsbereich noch weiter ausdehnen –  über den Bereich der Werke hinaus auf den Bereich der Daten. Andererseits lassen neue Gesetzesinitiativen zur Regulierung des Zugangs zu Daten – mit Ausnahme des sui generis Datenbankrechts – die Rechte des geistigen Eigentums unberührt, so dass es wahrscheinlich zu einer Kollision zwischen den Vorschriften über den Datenzugang und den ausschließlichen Rechten der Inhaber von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten kommen wird. Außerdem führt der Vorschlag für ein Datengesetz den Schutz technischer Schutzmaßnahmen für Daten ein, wodurch die ausschließliche Kontrolle über Daten weiter gestärkt wird. Schließlich formuliert Moscon in ihrem Beitrag einige konkrete Handlungssvorschläge.


Valentina Moscon
Data Access Rules, Copyright and Protection of Technological Protection Measures in the EU. A Wave of Propertisation of Information
Max Planck Institute for Innovation & Competition Research Paper No. 23-14

Symbolbild Transparenz // Photo: Tom/Pixabay
Studie  |  17.07.2023

Mehr Transparenz und das Recht auf Open Data

In seinem aktuellen Diskussionspapier untersucht Heiko Richter, wissenschaftlicher Referent am Institut, zwei Ziele des Koalitionsvertrags der Ampel-Regierung: die Informations­freiheitsgesetze zu einem Bundes­transparenz­gesetz weiterzuentwickeln und einen Rechtsanspruch auf Open Data einzuführen.

Dabei fragt er, was genau diese Ziele bedeuten und inwiefern sie sich sinnvoll ver­binden lassen. Weiter arbeitet Richter konkrete Reform­möglichkeiten aus, die einen Paradigmen­wechsel behut­sam herbeiführen würden. Schließlich befürwortet er, dass Ansprüche auf Informations­­veröffent­lichung und Daten­bereitstellung gesetzlich normiert werden, weil sie tragende Funktionen in einer freien und digitalen Gesellschaft übernehmen.


Zunächst analysiert der Beitrag eingehend bereits bestehende Open-Data-Regeln und Transparenzgesetze in Deutschland. Die Ergebnisse der Analyse und Diskussion werden abschließend übersichtlich als konkrete Handlungsempfehlungen in sieben Thesen vorgestellt. Dabei schlägt Richter zwei mögliche Varianten vor: Der als „kleine Lösung“ bezeichnete Erlass eines Bundestransparenzgesetzes mit „Open-Data-Verlängerung“ und korrespondierenden Ansprüchen. In einer umfassenderen „großen Lösung“ würde zusätzlich zur kleinen Lösung ein gemeinwohlbezogener Anspruch auf Open Data nach § 12a EGovG gesetzlich verankert.


Heiko Richter
Transparenzgesetz des Bundes und „Rechtsanspruch auf Open Data“ Konzeptionelle Perspektiven jenseits der Neuerfindung des Rades
(Federal Transparency Law and “Right to Open Data”: Conceptual Perspectives Beyond the Reinvention of the Wheel)

Max Planck Institute for Innovation & Competition Discussion Paper No. 22

Collage aus dem Schriftzug Podcast mit Bild eines Mikrophons und Porträtphoto des Forschers Timm Opitz
Studie  |  01.06.2023

Gegen die Uhr klicken – Wie Zeitdruck und Bedauern unser Verhalten beim Online-Shopping beeinflussen

In einer neuen Podcast-Episode erklärt Timm Opitz, wie Zeit­druck und Bedauern unser Such­verhalten in der Welt des Online-Shopping beein­flussen können. Er gibt Einblicke in seine Forschungs­arbeit “Time Pressure and Regret in Sequential Search”, in der er die Aus­wirkun­gen von Dringlichkeit und Bedauern auf das opti­male Such­ver­halten an­hand von Ex­peri­menten in einer kon­trollier­ten Um­gebung unter­sucht.

Collage aus dem Schriftzug Podcast mit Bild eines Mikrophons und Porträtphoto des Forschers Timm Opitz
Timm Opitz spricht im Wissenschaftspodcast Game Changer

Im Podcast stellt er auch einige Stra­te­gien vor, mit denen wir den Einfluss von Druck und Be­dauern auf unser Ein­kaufs­ver­halten über­winden können.


Timm Opitz ist Junior Research Fellow und Doktorand in der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung Innovation and Entrepreneurship Research des Instituts. Seine Forschungs­schwer­punkte sind Entre­preneur­ship, verhaltens­orientiertes Markt­design und Ent­wicklungs­psychologie.


Wahrgenommene Dringlichkeit und Bedauern sind bei vielen sequentiellen Suchprozessen zu beobachten. So üben Verkäufer bei der Suche nach dem besten Angebot oft Druck auf Kunden aus, und zwar sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf das potenzielle Bedauern über den Verzicht auf einmalige Kaufangebote. Theoretisch führen diese Strategien zu antizipiertem und erlebtem Bedauern, was sich systematisch auf das Suchverhalten auswirkt und somit die optimale Suche verzerrt. Darüber hinaus kann die Dringlichkeit den Entscheidungsprozess und damit auch die Stärke des Bedauerns verändern.


Um die empirische Relevanz dieser Aspekte zu verstehen, untersucht Timm Opitz mit seinen Koautoren die kausalen Effekte von Bedauern, Dringlichkeit und deren Wechselwirkung auf das Suchverhalten im Experiment. Empirisch zeigt sich, dass antizipiertes Bedauern das Suchverhalten weder mit noch ohne Zeitdruck beeinflusst, während erlebtes Bedauern zu systematischen Anpassungen der Suchdauer führt. Dringlichkeit reduziert die Entscheidungszeit und die wahrgenommene Entscheidungsqualität, verändert aber nicht generell die Suchdauer. Nur sehr unerfahrene Kunden kaufen unter Druck früher. Daher können Verbraucher­schutz­maß­nahmen gegen Impulskauftaktiken vor allem unerfahrenen Verbraucher*innen helfen.


Hier geht es direkt zum Podcast (auf Englisch).


Hier zur vollständigen Publikation:


Klimm, Felix; Kocher, Martin G.; Opitz, Timm; Schudy, Simeon A. (2023).
Time Pressure and Regret in Sequential Search
Journal of Economic Behavior & Organization, 206, 406-424

Stellungnahme  |  03.05.2023

Stellungnahme zur Implementierung des Gesetzes über digitale Märkte

Der Digital Markets Act (DMA) trat am 1. November 2022 in Kraft und gilt seit dem 2. Mai 2023. Sein Ziel ist es, in der gesamten EU bestreit­bare und faire Märkte im digi­talen Sektor, auf denen Gate­keeper tätig sind, zu gewähr­leisten. In seiner Stellung­nahme vom 2. Mai 2023 erkennt das Institut an, dass ein­heitliche Regeln für zentrale Platt­form­dienste und eine zentra­lisierte Durch­setzung not­wendig sind, um eine Frag­mentierung des Binnen­marktes zu verhindern. Es hat jedoch weiter­hin Bedenken hin­sicht­lich der einzig­artigen institutio­nellen Aus­gestaltung des DMA und der Inter­aktion des DMA mit anderen Normen, wie in den Artikeln 1(5), 1(6) und 1(7) fest­gelegt wird.

Symbolic image: Digital Markets, photo: geralt/Pixabay

Insbesondere macht das Institut auf mögliche, zu weitreichende, Sperr­wirkungen des DMA auf nationale Regelungen aufmerksam. Diese könnten unbeabsichtigte Folgen haben, indem sie künftige nationale Gesetzesinitiativen gefährden, dadurch Gatekeeper privilegieren und letztlich die Bestreitbarkeit und Fairness auf digitalen Märkten behindern. Eine ergänzende Anwendung der Wettbewerbsregeln und eine wirksame Durchsetzung des DMA ist vor diesem Hintergrund umso wichtiger. Es besteht jedoch Unsicherheit über staatliche Rechtsdurchsetzungsmechanismen, und es ist weiterhin unklar, welche Rolle die private Rechtsdurchsetzung spielt. In der Stellungnahme werden Herausforderungen bei der Umsetzung des DMA aufgezeigt und untersucht, sowie konkrete Lösungsempfehlungen gegeben.


Position Statement of the Max Planck Institute for Innovation and Competition of 2 May 2023 on the Implementation of the Digital Markets Act (DMA)

Digital Markets Act (DMA)

Commission Implementing Regulation for the DMA of 14 April 2023

Verschiedenes  |  21.04.2023

Welchen Beitrag kann das Patentrecht zur Bekämpfung der Klimakrise leisten?

Um die Herausforderungen zu bewältigen, vor die die Klimakrise uns stellt, werden dringend neue nachhaltige Technologien benötigt. Unterschiedliche Gründe können jedoch zu Marktversagen führen, was unter Umständen Investitionen in solche Innovationen hemmt.

Foto: Leopictures/Pixabay

Reto M. Hilty und Pedro Henrique D. Batista werfen in ihrem aktuellen Artikel die Frage auf, welche Rolle das Patentrecht spielt, um die verschiedenen Arten von Marktversagen zu korrigieren. Konkret untersuchen die Autoren, inwieweit Anpassungen des Patentrechts möglich und sinnvoll sind, zeigen aber auch, wann das Patentrecht seine Wirkungen verfehlt. Zudem analysieren sie mögliche Effekte sonstiger regulatorischer Interventionen, insbesondere ob technologische Vorgaben möglichem Marktversagen entgegenwirkt oder ob damit das Risiko von Staatsversagen einhergeht.


Reto M. Hilty, Pedro Henrique D. Batista
Potential and Limits of Patent Law to Address Climate Change
Max Planck Institute for Innovation & Competition Research Paper No. 23-10

European Commission: Intellectual Property – Revised Framework for Compulsory Licensing of Patents
Stellungnahme  |  13.03.2023

Stellungnahme zur Initiative Zwangslizenzen in der Europäischen Union

Im Rahmen der öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission zur „Zwangslizensierung von Patenten in der EU“ hat das Institut eine Stellungnahme veröffentlicht. Die Autor*innen um Reto M. Hilty begrüßen, dass die Kommission den öffentlichen Diskurs über dieses Thema neu beleben möchte. Nach Ansicht der Autor*innen geht der Reformvorschlag der Kommission allerdings nicht weit genug.

Logic Mill-Logo
Verschiedenes  |  31.01.2023

Logic Mill – ein Navigationssystem für Wissen

Eine ständig wachsende Zahl von Patenten, wissen­schaft­li­chen Publi­kationen und anderen Textcorpora wird für viele Forschende zunehmend zur Belastung. Gleichzeitig eröffnen sich aber auch neue wis­sen­schaft­li­che Analysemöglichkeiten. Das skalierbare, quelloffene Software-System Logic Mill wendet maschi­nelles Lernen auf sehr große Doku­­men­ten­sätze an und ermöglicht Forschenden, ähnliche Texte in ver­schie­den­sten Be­rei­chen schnell zu identifizieren. Hiermit ergeben sich neue Perspektiven etwa für Re­cher­chen zum Stand der Technik bei der Patentprüfung, zur Beurteilung der Neuheit von Patenten und Ver­öffent­li­chun­gen sowie der Wahr­schein­lich­keit von Patentstreitigkeiten. 

Logic Mill-Logo
Logic Mill-Logo – inspiriert von Gottfried Wilhelm Leibnitz’ Sprossenrad aus der Skizze einer Rechenmaschine.
Darstellung der Implementierung von Logic Mill
Darstellung der Implementierung von Logic Mill

Forschende sehen sich mit einer immer größeren Menge an relevanten Dokumenten aus den unterschiedlichsten Bereichen konfrontiert. Damit besteht ein wachsender Bedarf an Werkzeugen, die es Forschenden ermöglichen, verwandte Texte in ver­schie­de­nen Bereichen schnell zu identifizieren. Bestehende Lösungen erlauben keine Verknüpfung von Dokumenten aus Textkorpora, die verschiedenen Domänen entstammen. Sie sind zudem nicht skalierbar oder verwenden Algorithmen, die nicht quelloffen und allgemein zugänglich sind.


Logic Mill – ein neues Software-System und Forschungstool


Logic Mill ist ein neues Software-System und Forschungstool, das von einer Forschungsgruppe der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung unter Leitung von Dietmar Harhoff entwickelt wurde, um Dokumente zu identifizieren, die einem bestimmten Text in anderen Textkorpora ähnlich sind. Es besteht aus einer Reihe von quelloffenen Software-Komponenten und besitzt eine öffentliche Schnittstelle für die Anwendungsprogrammierung (API), die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft genutzt werden kann.


Die Lösung


Die Logic Mill-Software analysiert große Teile von Texten, die ja nicht nur aus Wörtern, sondern auch Struktur und Kontext bestehen, mit Hilfe modernster maschineller Lernverfahren. Im Gegensatz zu früheren Versuchen, die Ähnlichkeit von Texten zu schätzen, berücksichtigt Logic Mill die semantische Struktur als zusätzliche Dimension der Ähnlichkeit. Logic Mill sucht nicht nur nach dem Vorkommen gleicher Wörter, sondern auch danach, in welchem Kontext (d.h. relativ zum Satz und Absatz) diese vorkommen. Spezielle Modelle für maschinelles Lernen kodieren den Text numerisch und lassen so die Berechnung verschiedener Ähnlichkeitsmaße zu.


Bisherige Versuche, Textdokumente zu vergleichen, beschränkten sich meist auf Texte der gleichen Kategorie, z.B. Patente mit Patenten oder Publikationen mit Publikationen. Nun kann man Dokumente aus verschiedenen Domänen untereinander und miteinander vergleichen.


Bisher arbeitet Logic Mill mit Datensätzen von Semantic Scholar, EPO, USTPO und WIPO. Eine Einbindung von Wikipedia ist in Vorbereitung.


Die Anwendungsmöglichkeiten


Logic Mill ermöglicht schnell umfangreiche Literaturrecherchen. Es erlaubt, semantisch ähnliche Patentdokumente zu finden, was wichtig für Recherchen zum Stand der Technik bei der Patentprüfung oder für die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit von Patentstreitigkeiten ist. Zudem kann eine Verbindung von Patenten zu entsprechenden wissenschaftlichen Publikationen hergestellt werden. Logic Mill kann sowohl Referenzen für neue Dokumente als auch gerade neu veröffentlichte Publikationen empfehlen. Es erlaubt zudem, die Neuheit von Patenten und Publikationen zu bewerten. Darüber hinaus können Wissensströme über verschiedene Bereiche hinweg verfolgt und neue Trends und die Verbreitung neuer Konzepte aufgespürt werden.


Der Name des Projekts Logic Mill ist durch die Romane des “Barock Cycle” des britischen Schriftstellers Neal Stephenson inspiriert. Darin entwirft der deutsche Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz eine Maschine, die das gesamte menschliche Wissen auf der Grundlage eines Abrufsystems organisiert, das auf Primzahlen basiert. Diese Maschine ist zwar fiktiv, aber Leibniz’ Gedanken klingen in der modernen Informatik nach, insbesondere im Hinblick auf das Problem der numerischen Darstellung jeglicher Art von Daten.


Weitere Informationen:


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Direkt zur Publikation Logic Mill – A Knowledge Navigation System.