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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Der Missbrauch einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung in der digitalen Wirtschaft

Oligopol-Struktur ist häufig in der Digitalwirtschaft anzutreffen, wo das Wirtschaftsleben durch Großfusion und Netzwerkeffekt geprägt wird. Die Digitalwirtschaft bildet den Nährboden für kollektive Marktbeherrschung und wirft Bedenken bezüglich des Missbrauchs der kollektiven Marktbeherrschung auf.

Letzte Änderung: 22.02.22

Die vorläufigen Ergebnisse sind wie folgt:

(1) Nach den vorherrschenden Rechtsauffassungen kann sich die kollektive Einheit aus der Verbindung der betroffenen Unternehmen oder aus der Reaktionsverbundenheit im engen Oligopol ergeben.

(2) Trotz einiger Ähnlichkeiten sollten die Kriterien der Feststellung einer kollektiven Marktbeherrschung bei Art. 102 AEUV und der Fusionskontrolle nicht identisch sein. (3) In der Digitalökonomie kann dank des weit verbreiteten Einsatzes von Algorithmen sowie der leichten Zugänglichkeit zu Daten eine kollektive Marktbeherrschung leichter entstehen und aufrechterhalten werden.

(4) Das Verbot des Missbrauchs einer kollektiven Marktbeherrschung ist ein effektives Instrument in der Digitalwirtschaft, da sowohl einseitige missbräuchliche Verhaltensweisen als auch gemeinsame missbräuchliche Verhaltensweisen in den Anwendungsbereich des Verbots fallen. Ein Unternehmen, dessen Marktmacht nicht stark genug ist, um eine einzelne marktbeherrschende Stellung zu begründen, kann ebenfalls den Normadressat des Verbots des Missbrauchs einer kollektiven Marktbeherrschung sein.

(5) Ebenso wie eine marktbeherrschende Stellung an sich nach den Kartellvorschriften nicht verboten ist, sollte die stillschweigende Kollusion (tacit collusion) nach der vorherrschenden wirtschaftlichen Auffassung nicht per se verurteilt werden.

(6) Unternehmen, die über eine kollektive marktbeherrschende Stellung verfügen, können sich allein oder gemeinsam missbräuchlich verhalten. Die Missbrauchskriterien sollten in beiden Kontexten nicht dieselben sein. Der Grund hierfür ist, dass der Missbrauch einer kollektiven Marktbeherrschung entweder durch die Beeinträchtigung des Binnenwettbewerbs oder durch die Beeinträchtigung des Außenwettbewerbs erfolgen kann.

(7) Die Kriterien der Feststellung einer kollektiven Marktbeherrschung im EU-Wettbewerbsrecht sind dem GWB sehr ähnlich. Auf beiden Ebenen beherrscht die Ansicht, dass sich kollektive Marktbeherrschung durch zwei Umstände auszeichnet, also fehlender wirksamer Innenwettbewerb und fehlender wirksamer Außenwettbewerb.

(8) Der strukturelle Ansatz des chinesischen Antimonopolgesetz (AMG), der sich nur auf Marktanteile stützt, um eine kollektive Marktbeherrschung zu vermuten, unterscheidet sich deutlich von dem verhaltensorientierten Ansatz des EU-Wettbewerbsrechts. Im Vergleich zum GWB besteht der Unterschied darin, dass es für mehrere Unternehmen relativ schwieriger ist, eine kollektive marktbeherrschende Stellung nach dem AMG anzunehmen, da die Vermutungsschwelle für den Marktanteil höher ist.

(9) Die Durchsetzungsbehörde des AMG hat mehrere Unternehmen mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit, aber ohne eigenständigen wirtschaftlichen Handlungswillen, nicht als Subjekte einer kollektiven Marktbeherrschung betrachtet. Dies steht im Einklang mit der Anforderung der Mitglieder einer kollektiven Marktbeherrschung des EU-Wettbewerbsrechts.

Personen

Doktorand/in

Zhiren Xu

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Christian Alexander (Friedrich-Schiller-Universität Jena)

Forschungsschwerpunkte

II.3 Vernetzte Datenwirtschaft