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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Die patentrechtliche Zuordnung von durch Künstliche Intelligenz generierten Erfindungen

Die Fähigkeit Künstlicher Intelligenz (KI), Erfindungen quasi „auf Knopfdruck“ autonom zu generieren, fordert die Frage nach der Zuordnung solcher Erfindungen insbesondere vor dem Erfinderprinzip und dem das Patentrecht maßgeblich rechtfertigenden Anreizparadigma grundlegend heraus.

Letzte Änderung: 27.10.20

KI wird die Art und Weise des Zustandekommens neuer Erfindungen und damit des technologischen Fortschritts revolutionieren, heißt die vielseits zitierte Auffassung. Der Einsatz technischer Hilfsmittel – insbesondere Computer – im Rahmen des Schaffensprozesses einer Erfindung ist zwar kein neuartiges Phänomen. Neuartig ist allerdings die Rollenverteilung zwischen Mensch und KI: Letztere ist zunehmend aufgrund des enormen Leistungsvermögens von Computern und riesiger Datenmengen in der Lage, Erfindungen quasi „auf Knopfdruck“ autonom zu generieren (KI-generierte Erfindungen). Die Rolle des Menschen im Erfindungsprozess beschränkt sich entsprechend zunehmend darauf, überhaupt ein funktionsfähiges KI-System zu erschaffen sowie anschließend die durch eine KI generierte Erfindung zur Kenntnis zu nehmen. 

Dies ruft die Frage nach der Zuordnung solcher auf diese Weise zustande gekommener Erfindungen hervor. Zum einen stellt sich die Frage, „ob“ Patente an solchen Erfindungen de lege lata überhaupt zugeordnet werden können bzw. de lege ferenda zugeordnet werden sollten. Sofern man dies bejaht, schließt sich die Folgefrage an, „wer“ de lege lata Rechtsinhaber des Patents ist bzw. de lege ferenda sein sollte. 

Rechtsdogmatisch lassen sich diese Fragestellungen im Wesentlichen in zweifacher Hinsicht anknüpfen. Zum einen gilt im Patentrecht das Erfinderprinzip. Erfinder kann nach nahezu allgemeiner Meinung nur eine natürliche Person sein. Ziel des Forschungsprojekts ist es insoweit, den Begriff des Erfinders grundlagenorientiert näher zu hinterfragen und hierdurch zu beurteilen, welche Schlussfolgerungen hieraus im Hinblick auf die Zuordnung KI-generierter Erfindungen zu ziehen sind. Es stellt sich hierbei nicht nur die Frage nach dem genaueren definitorischen Inhalt des Erfinderbegriffs; die h.M. verlangt hier in Anlehnung an urheberrechtliche Terminologie einen „schöpferischen“, teilweise sogar „urheberschaftlichen“ Beitrag einer natürlichen Person. Vor allem geht es hierbei aber auch um die Frage der tatbestandlichen Relevanz des Erfinderbegriffs für die Entstehung eines Patents. 

Zum anderen ist das Patentrecht im Wesentlichen utilitaristisch gerechtfertigt. Der Grundgedanke ist es, einen künstlichen Anreiz zum Hervorbringen von Erfindungen zu schaffen, den es – das Patentrecht hinweggedacht – wegen der Gefahr der kostenlosen Leistungsübernahme durch Dritte sonst nicht in ausreichendem Maß gäbe. Auch vor diesem Hintergrund ist zu klären, inwieweit (ob überhaupt und an wen) es für KI-generierte Erfindungen einer künstliche Anreizsetzung überhaupt noch bedarf. Hinsichtlich des „ob“ scheint dies umso fraglicher, je einfacher, also insbesondere kostengünstiger und schneller eine Erfindung geschaffen werden kann. Hinsichtlich des „wer“ scheint das zweckmäßigerweise anzureizende Subjekt umso unklarer zu sein, je weniger der Schaffungsprozess der Erfindung vom ursprünglichen Idealbild („selbstständiger Garagenerfinder“) entfernt.

Personen

Doktorand/in

Oskar Paulini 

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Ansgar Ohly, LL.M. (LMU München)

Forschungsschwerpunkte

I.1 Innovation