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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Gerechter Ausgleich im Sinne der Richtlinie 2001/29/EG – Nur ein gesetzlicher Vergütungsanspruch?

Es soll das Verhältnis von gesetzlichen Vergütungsansprüchen im Rahmen der gesetzlichen Lizenzen (§§ 44a ff. UrhG) zu vertraglichen Abreden über deren Inhalt vor dem Hintergrund der Richtlinie 2001/29/EG (InfoSoc-RL) und der grundrechtlichen Vorgaben (national und europäisch) untersucht werden.

Letzte Änderung: 20.07.16

Ausgangspunkt sind insbesondere die europäischen Vorgaben, wo die angemessene Vergütung im Begriff des gerechten Ausgleichsihre Entsprechung findet. Es ist zu untersuchen, ob der gerechte Ausgleich bzw. die angemessene Vergütung als abschließende Regelungen anzusehen sind, die in ihrem Anwendungsbereich keine vertraglichen Abreden zulassen, oder inwieweit die Rechtsfolgenseite der gesetzlichen Lizenz disponibel ist.

Die Schwierigkeit ergibt sich aus dem nur teilweise harmonisierten europäischen Urheberrecht. Als Ausgleich für die Ausnahmen und Beschränkungen (Art. 5 InfoSoc-RL) sieht das Unionsrecht – teils fakultativ, teils obligatorisch – einen gerechten Ausgleich vor. Der EuGH hält diesen für unverzichtbar und berechnet ihn an Hand des durch die Ausnahme oder Beschränkung entstandenen Schadens bzw. Nachteils. Dennoch ist mit dieser Rechtsprechung – die sich im Übrigen auf die Konstellation der Geräteabgabe bezieht und damit nicht zwingend für alle Tatbestände in Art. 5 InfoSoc-RL gelten muss – noch nichts über das Verhältnis zum Vertragsrecht gesagt. Dies kommt auch in der Richtlinie zum Ausdruck, die das Vertragsrecht ausdrücklich unberührt lässt (Art. 9 InfoSoc-RL) und einer Sicherstellung des gerechten Ausgleichs im Vertragswege nicht entgegenstehen will (Erwägungsgrund 45 der InfoSoc-RL). Andererseits darf nicht übersehen werden, dass durch materiell zwingende Vorschriften (z.B. Unverzichtbarkeit, Schaden bzw. Nachteil als Berechnungsgrundlage) der Anwendungsbereich des Vertragsrechts beschränkt und insofern das Vertragsrecht zumindest mittelbar berührt wird.

Im deutschen Urheberrecht stellt sich sodann die Frage, welche Grundrechtsordnung Anwendung findet, soweit die unionsrechtlichen Vorgaben umgesetzt werden. Diese Bestimmung bereitet bei unionsrechtlichen Vorgaben mit Gestaltungsspielraum Schwierigkeiten, insbesondere wenn es – wie hier – um mehrpolige Konstellationen geht. Denn dann geht der Schutz der einen Seite zwangsläufig zu Lasten der anderen. Art. 53 GRCh, wonach die Grundrechtsordnung mit dem höchsten Schutzniveau Anwendung findet, kann hier nicht zur Lösung der Bestimmung der anwendbaren Grundrechtsordnung beitragen.

Angesichts der materiellen Vorgaben der Grundrechte ist fraglich, ob bzw. inwieweit die Vergütungsansprüche, die die Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 I 2 GG bzw. Art. 17 I 3 GRCh verhältnismäßig machen, quasi als Reflex die vertragliche Dispositionsmöglichkeit über eine Eigentumsposition ausschließen (dürfen).

Auf Grundlage dieser höherrangigen Vorgaben sollen die Dispositionsmöglichkeiten im deutschen Recht de lege lata dargestellt und dogmatisch eingeordnet werden. Ausgangspunkt sind die nicht-verwertungsgesellschaftspflichtigen Vergütungsansprüche, bevor auf die Besonderheiten eingegangen wird, die durch die Verwertungsgesellschaftspflichtigkeit entsteht.

Die Untersuchung soll abschließen mit der Darstellung der gesetzgeberischen Gestaltungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene (de lege ferenda).

Personen

Doktorand/in

Claudius Pflüger

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Malte Stieper

Forschungsschwerpunkte

Schutzgrenzen im Immaterialgüterrecht