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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Ökonomisierung des Lauterkeitsrechts – Eine empirische Untersuchung vor dem Hintergrund des More Economic Approach im Kartellrecht

Vor dem Hintergrund des wettbewerbsfunktionalen Verständnisses des Kartell- und Lauterkeitsrechts stellt sich die Frage, ob und wie angesichts des Einflusses ökonomischer Ziele und Erkenntnisse im Kartellrecht eine Ökonomisierung im Lauterkeitsrecht zu beobachten und bewerten ist.

Letzte Änderung: 09.07.20

Unter dem Oberbegriff des Wettbewerbsrechts schützen sowohl das Kartell- als auch das Lauterkeitsrecht die Ordnung des Wettbewerbes. Sie wirken dabei zusammen. Zwar gibt es zu der Frage, welches Verständnis bei der Beurteilung unlauteren Wettbewerbsverhaltens zugrunde gelegt werden sollte, Diskussionen. Wenn jedoch der Wandel der Markteigenschaften und die teils gravierende Entwicklung von klassischen Moralvorstellungen in der Gesellschaft berücksichtigt wird, kann insbesondere in Kontrast zur Bewertung anhand von Moralvorstellungen nur ein wettbewerbsfunktionales Verständnis überzeugen. Dabei erfolgt die Beurteilung danach, dass ein informiertes und reflektiertes ungehindertes Marktverhalten aller Marktseiten ermöglicht werden soll, um einen funktionierenden Wettbewerb sicherzustellen. Bei einem Verständnis des Wettbewerbs als funktionalem Bezugspunkt in beiden Rechtsgebieten stellt sich aber die Frage, ob eine Ökonomisierung des Kartellrechts im Hinblick auf kohärente Parallelentwicklungen, auch wenn diese natürlich nicht gezwungenermaßen erfolgen müssen, auch eine ähnliche Ökonomisierung im Lauterkeitsrecht bedeutet.
Im deutschen und europäischen Kartellrecht ist in den letzten zwei Jahrzehnten unter dem Stichwort des More Economic Approach (MEA) ein Einfluss ökonomischer Ziele und Erkenntnisse zu beobachten gewesen. So wurden etwa Rechtssetzung und Entscheidungsfindung zunehmend an den Kriterien der Effizienz und Konsumentenwohlfahrt statt an der der Offenheit des Wettbewerbs ausgerichtet. Auch wurde im Rahmen gesteigerter auswirkungsbasierter Einzelfallbetrachtungen statt verhaltensbezogener zusammenfassender Fallgruppen häufiger das Marktumfeld betrachtet und mittels industrieökonomischer Erkenntnisse modelliert. Es ist an dem MEA hinsichtlich der Rechtssicherheit, Komplexität der Verfahren, Vernachlässigung dynamischer Effekte und Anmaßung von Wissen Kritik aufgekommen und die Entwicklung der Ökonomisierung war nicht stetig. Dennoch sorgte die Integration ökonomischer Erkenntnisse die normative, methodische und institutionelle Komponente für einen nachhaltigen Wandel. Es kommt daher die Frage auf, ob eine Ökonomisierung auch im Lauterkeitsrecht festzustellen ist.
Dies wird bei dem Projekt mittels einer quantitativ-qualitativ empirischen Analyse der Rechtsprechung des BGH seit der Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2008, der herausgearbeitete Aspekte einer Ökonomisierung vor dem Hintergrund des MEA zugrunde liegen (Wandel des Schutzzwecks, Auswirkungsanalyse, Einzelfallbetrachtung, Formulierung von Schadenstheorien, Integration ökonomischer Theorien, Anwendung ökonomischer Instrumente) untersucht. Dabei soll festgestellt werden, ob Änderungen in der Bewertung der Sachverhalte auffallen. Anschließend wird eine gegebenenfalls festgestellte Entwicklung auch anhand der beim MEA angeführten Punkte kritisch betrachtet und bezüglich Kosten, Nutzen und Möglichkeiten bewertet.
 

Personen

Doktorand/in

Philipp A. Grotkamp

Betreuung

Prof. Dr. Frauke Henning-Bodewig

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Rupprecht Podszun

Forschungsschwerpunkte

I.5 Methodenfragen