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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Verantwortlich, nicht haftbar: die Unterlassungsansanordnungen gegen Vermittler

In den letzten Jahren wurden in mehreren europäischen Ländern Internet-Vermittler beklagt, „nur“ um den Rechteinhabern Hilfe zu leisten, wie z.B. die Webseiten zu sperren, ohne sie gleichzeitig einer Haftung auszusetzen. Diese Unterlassungsanordnungen haben ihren Ursprung im Unionsrecht, und zwar Artikel 8 III der Richtlinie 2001/29/EG und Artikel 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG. Die Arbeit stellt zu diesen Regelungen eine ökonomische und rechtliche Analyse an.

Letzte Änderung: 10.11.15

Die Internet-Vermittler verfolgen eigene Interessen der Gewinnmaximierung. Damit bringen sie gleichzeitig auch Allgemeininteressen der Gesellschaft voran. Sie verbessern die Produktivität unserer Industrie durch Innovationen und beleben den Wettbewerb. Selbstverständlich stimmen die Eigeninteressen der Vermittler und diejenigen der Gesellschaft nicht immer miteinander überein. Das Recht des geistigen Eigentums entwickelt deshalb die Regeln, die auf die Vermittler anwendbar sind, um ihre Externalitäten zu internalisieren. Diese Regeln werden oft dem Bereich der Begriff Durchsetzung von Rechten zugerechnet. Die klassischen Regeln dieser Art schreiben die Umstände vor, unter welchen sich die Vermittler haftbar machen können, wenn sie die Externalitäten, die Rechtsverletzungen der Nutzer, nicht auf bestimmte Art und Weise begrenzen. Die Drohung des Schadenersatzes zwingt dann die Vermittler dazu, die Externalitäten zu bekämpfen und die Kosten von deren Bekämpfung zu internalisieren. In den letzten Jahren sind die Vermittler aber einem scheinbar neuen Durchsetzungs-Phänomen ausgesetzt. In mehreren europäischen Ländern werden die Vermittler beklagt, „nur“ um den Rechteinhabern Hilfe zu leisten, wie z.B. die Webseiten zu sperren, ohne sie gleichzeitig einer Haftung auszusetzen.

Diese Unterlassungsanordnungen haben ihren Ursprung im Unionsrecht, und zwar Artikel 8 III der Richtlinie 2001/29/EG und Artikel 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG. Die Vorschriften sehen vor, dass „die Rechtsinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden“. Diese Arbeit stellt bezüglich dieser zwei Regeln eine ökonomische und rechtliche Analyse an, um herauszufinden (1) inwieweit und für welche Fälle sie gerechtfertigt sind, und (2) was die strukturellen Gefahren einer solchen Verantwortung ohne (deliktische) Haftung sind.

Die Arbeit ist in die folgenden Teilen aufgeteilt. Das erste Kapitel erklärt die gesellschaftliche Bedeutung und Hintergründe der Arbeit sowie die angewendeten wissenschaftlichen Methoden. Das zweite Kapitel beleuchtet die ökonomischen Ziele des Deliktsrechts und setzt sich mit dem heutigen Stand der ökonomischen Analyse des Deliktsrechts auseinander. Die erlangten Erkenntnisse des zweiten Kapitels sind im dritten Kapitel zusammengefasst. Sie werden dann in weiteren deskriptiven Teilen der Arbeit als wichtige Bezugspunkte benutzt. Im vierten Kapitel beschreibt das Werk das bestehende Recht. Erst werden kurz die historischen Bezüge in civil law und common law Systemen dargestellt. Der wichtigste Teil des Kapitels ist dem Unionsrecht gewidmet, insbesondere den Artikeln 12 bis 15 der Richtlinie 2000/31/EG („E-Commerce-Richtlinie“), dem Artikel 8 III der InfoSoc-Richtlinie und den Artikeln 8 und 11 Satz 3 der Durchsetzungsrichtlinie. In der Erörterung wird nicht nur die Geschichte der Entstehung der Regeln behandelt, sondern auch ihre dogmatische, politische und vor allem gerichtliche Entwicklung. Im fünften Kapitel werden die konkreten Vorschläge für das Unionsrecht erörtert. Die normativen Ansätze der ökonomischen Analyse werden im Licht des bestehenden Unionsrechts funktionsfähig gemacht. Es wird genau vorgeschlagen, wie die Gerichte die Unterlassungsanordnungen gegen nicht-verletzende Vermittler prüfen sollen. Gleichzeitig wird eine Implementierungslösung für Deutschland und England skizziert.

Personen

Doktorand/in

Martin Husovec

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Annette Kur

Forschungsschwerpunkte

Strukturfragen der Rechtsdurchsetzung