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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Der gutgläubige Erwerb geistigen Eigentums

Gegenstand dieser Untersuchung ist das Gutglaubensprinzip im deutschen und europäischen Immaterialgüterrecht de lege lata et ferenda. Mit Blick auf die funktionalen und strukturellen Parallelen zum Sacheigentum wird versucht, das Recht des geistigen Eigentums stärker in die dogmatischen Strukturen des allgemeinen Zivilrechts zu integrieren.

Last Update: 28.11.17

Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die Erkenntnis, dass die Dichotomie zwischen Sacheigentum und geistigem Eigentum letztlich eine Konsequenz des engen Sachbegriffs des BGB ist. Die enge Fassung des § 90 BGB, der nur körperliche Gegenstände als Sachen definiert, ist jedoch nicht zwingend. Bereits der Blick auf die historische Entwicklung des Sachbegriffs im deutschsprachigen Raum vor der Schaffung des BGB zeigt, dass auch andere konzeptionelle Ansätze existierten. In anderen Rechtsordnungen, z.B. der österreichischen und der spanischen, gilt noch heute ein weiter Sachbegriff, der neben körperlichen auch unkörperliche Gegenstände als Sachen definiert. Ein weiter Sachbegriff ist eng verknüpft mit einem weiten Eigentumsbegriff, der Sacheigentum und geistiges Eigentum gleichermaßen erfasst. In solchen Rechtsordnungen ist die Anwendung sachenrechtlicher Grundsätze auch auf geistige Eigentumsrechte schon aufgrund der Gesetzessystematik die Regel.

Im Gegensatz hierzu weist das deutsche Recht zahlreiche Unterschiede zwischen Sachenrecht und Immaterialgüterrecht auf. Einer dieser Unterschiede besteht darin, dass der gutgläubige Erwerb geistigen Eigentums – jedenfalls nach ganz herrschender Meinung – ausgeschlossen ist, wohingegen die Möglichkeit des Gutglaubenserwerbs sogar als Strukturprinzip des deutschen Sachenrechts bezeichnet werden kann.

Dieser Befund wird zum Anlass genommen, die Anwendung des sachenrechtlichen Instituts des gutgläubigen Erwerbs im deutschen und europäischen Immaterialgüterrecht de lege lata et ferenda zu untersuchen.

Zunächst werden hierbei die allgemeinen Voraussetzungen und Grundsätze des gutgläubigen Erwerbs im deutschen Zivilrecht herausgearbeitet. Anschließend wird der aktuelle Normbestand des deutschen und europäischen Immaterialgüterrechts daraufhin untersucht, ob es entgegen der herrschenden Meinung Fälle gibt, die nach den zuvor identifizierten Grundsätzen als gutgläubiger Erwerb qualifiziert werden können.
In einem nächsten Schritt werden unterschiedliche Perspektiven auf das Gutglaubensprinzip eingenommen. Dem grundsätzlichen Anliegen dieser Untersuchung folgend sollen hierbei jeweils das Sachenrecht und das Immaterialgüterrecht miteinander verglichen werden. Zunächst erfolgt eine ökonomische Analyse des Gutglaubensprinzips und des konkurrierenden Nemo-plus-iuris-Prinzips. In einem rechtsvergleichenden Teil wird untersucht, wie andere Rechtsordnungen mit der Thematik des gutgläubigen Erwerbs umgehen. Schließlich erfolgt eine Beurteilung des gutgläubigen Erwerbs aus kollisionsrechtlicher Perspektive. Auf dieser Grundlage wird der Frage nach dem „Ob“ und – gegebenenfalls – nach dem „Wie“ des gutgläubigen Erwerbs im deutschen und europäischen Immaterialgüterrecht de lege ferenda nachgegangen. Hierbei werden schutzrechtsübergreifende Grundsätze erarbeitet, die auch einen Beitrag zur Vereinheitlichung der immaterialgüterrechtlichen Binnenstruktur leisten sollen.

Persons

Doctoral Student

Mathias Menzel

Doctoral Supervisor

Prof. Dr. Helmut Köhler

Main Areas of Research

Justierung der Binnengrenzen und Systemvereinheitlichung im Immaterialgüterrecht