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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Die Kommunikationssensibilität des Rechts - Adaptionsfähigkeit und Anpassungsbedarf des Urheberrechts an digitales Lernen

Das Spannungsverhältnis zwischen der Kommunikationsvorstellung des Rechts und der Kommunikationspraxis seiner Umwelt ist aufzulösen, um die Funktionsfähigkeit neuer Kommunikationsformen des Lehrens und Lernens mit den Interessen der Schutzrechtsinhaber in Einklang bringen zu können.

Last Update: 18.04.17

Gegenstand des Forschungsprojekts ist es, die Adaptionsfähigkeit des Urheberrechts de lege lata zu analysieren und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man das Urheberrecht de lege ferenda an die veränderten Kommunikationsstrukturen der neuen Lehr- und Lernformen anpassen könnte. Während bei traditionellen Lehrformaten die Kommunikation der Lehrinhalte regelmäßig einseitig von den Lehrenden zu den Lernenden stattfindet und diese als bloße Rezipienten auftreten, generieren die Lernenden in Massive Open Online Courses (MOOCs) selbst Inhalte und kommunizieren diese sowohl untereinander als auch gegenüber den Lehrenden. Auf diese Weise wandelt sich die ehemals eindimensionale Kommunikation zu komplexen, mehrdimensionalen Kommunikationsstrukturen und der traditionell geschlossene Produktionsprozess von Lehr- und Lerninhalten öffnet sich.
Solche Prozesse der Generierung von Inhalten durch wechselseitigen Austausch der Nutzer finden auch außerhalb des Bildungsbereichs etwa im Rahmen von Open Innovation statt. Innerhalb und außerhalb des Bildungsbereichs verlassen die offenen Produktionsprozesse die dem Urheberrecht zugrundeliegende Konzeption einer klaren Zuordnung der geistigen Tätigkeit bei der Entstehung von Schutzgegenständen zugunsten einer offenen Partizipationskultur. Es stellen sich daher neue Herausforderungen bei der Beurteilung der originären Schutzrechtsinhaberschaft und der Einräumung von Nutzungsrechten. Neben den Produktionsprozessen verlangen auch die Kommunikationsprozesse bei MOOCs ein zur Adaption fähiges Urheberrecht. Die Mehrdimensionalität der Kommunikation in einem MOOC zeigt sich bereits bei der Frage, ob und welche Schrankenregelungen für diese Kommunikationsprozesse eingreifen. So wird deutlich, dass der Anwendung der §§ 51, 52a UrhG das traditionelle Verständnis von Lernen in Form einer eindimensionalen Kommunikation des Wissens vom Lehrenden zu den Lernenden zugrunde liegt.
Bei der Analyse der bestehenden Grenzen des Urheberrechts, sich neuen Kommunikations- und Produktionsprozessen zu öffnen, müssen immer auch die reflexiven Auswirkungen der Existenz neuer Kommunikationsformen für Lehrende und Lernende auf das Urheberrecht berücksichtigt werden. Daraus folgen weitergehende Anforderungen an die zeitgemäße Veränderung des Urheberrechts. Erst eine solche das wechselseitige Zusammenspiel zwischen rechtlichen Regelungsrahmen und Existenz tatsächlicher Phänomene einbeziehende Untersuchung ermöglicht es, die Anpassungsmöglichkeiten des Urheberrechts an die Veränderung der Kommunikationsstrukturen im Bildungsbereich zu ermitteln, damit es zu einer Balance zwischen urheberrechtlichen Schutz und der Funktionsfähigkeit neuer Lehr- und Lernformen kommt.

Persons

Doctoral Student

Ricarda Lotte

Doctoral Supervisor

Prof. Dr. Michael Grünberger

Main Areas of Research

Schutzgrenzen im Immaterialgüterrecht