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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Die Wettbewerbsbehörde als Schaltstelle zwischen Wirksamem Rechtsschutz und Wirksamer Rechtsdurchsetzung – Eine Untersuchung des Unionalen und Schweizerischen Rechts

Dritten ist der Zugang zu Dokumenten der Wettbewerbsbehörden oft verwehrt, damit die In-formationen nicht zum Nachteil der mit der Behörde kooperierenden Unternehmen verwendet werden. Die Handhabe wird dem dualen Durchsetzungssystem häufig nicht gerecht, was Ge-genstand des Promotionsprojekts bildet.

Last Update: 10.05.21

Wettbewerbsbehörden decken Wettbewerbsverstöße auf und sanktionieren sie. Beeinträchtigungen individueller Rechtspositionen bleiben hiervon allerdings unberührt. Werden Ansprüche im Nachgang zu einem Verwaltungsverfahren geltend gemacht, befindet sich ein Großteil der Informationen im Behördenbesitz. Es ist somit naheliegend, Zugang zu den Verfahrensdokumenten zu ersuchen, um Schadenersatzklage mit Informationen zu alimentieren.

Bevor die einzelnen Zugangsmöglichkeiten untersucht werden, ist der Zweck des Kartellschadenersatzes darzustellen. Die Analyse ergibt, dass der durch einen Wettbewerbsverstoß verursachte Schadenersatzanspruch – im Gegensatz zum traditionellen, deliktsrechtlichen Verständnis – durchaus einen dualen Zweck verfolgt. Unter der Prämisse, dass der Zweck eine korrespondierende Anwendung der Zugangsmöglichkeiten verlangt, sind die Verfahrensmodalitäten des Kartellschadenersatzes zweckentsprechend zu handhaben. Von diesem Blickwinkel aus, werden folgende Zugangsrouten untersucht:

  • Akteneinsicht im Kartellverwaltungsverfahren

Die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren verschafft den Verfahrensparteien Einsicht in grundsätzlich sämtliche Verfahrensdokumente. Untersucht wird, wer am Verfahren teilnehmen kann und inwiefern die entsprechenden Informationen zur Geltendmachung kartellzivilrechtlicher Ansprüche verwendet werden können.

  • Veröffentlichung des Sanktionsentscheids

Die Wettbewerbsbehörden veröffentlichen grundsätzlich sämtliche Sanktionsentscheide, verfügen jedoch über ein beachtliches Ermessen, welche Informationen veröffentlicht werden. Somit können sie entscheidend beeinflussen, inwieweit die veröffentlichte Fassung des Sanktionsentscheids der Durchsetzung der Schadenersatzklage und folglich dem wirksamen Rechtsschutz dient.

  • Transparenz der Verwaltungstätigkeit

In der Schweiz und in der EU untersteht grundsätzlich sämtliches Verwaltungshandeln dem Öffentlichkeitsprinzip. Dem Grundsatz nach kann jedermann auf sämtliche Dokumente aus erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren zugreifen. Erscheint diese Option aus der Optik des wirksamen Rechtsschutzes optimal, stehen die Behörden dieser Art des Zugangs restriktiv gegenüber und legen die Ausnahmen des Öffentlichkeitsprinzips weit aus. Eine Informationsbeschaffung wird somit erschwert, was wiederum negative Auswirkungen auf den wirksamen Rechtsschutz der Geschädigten zeitigt.

  • Zugriff durch das Zivilgericht

Der Beibringungsgrundsatz bestimmt den Kartellzivilprozess. Hingegen können Gerichte die Wettbewerbsbehörden ersuchen, Verfahrensdokumente zu übermitteln. Das Gericht stellt dann den Schutz der Informationen sicher. Allerdings erscheint es unklar, welcher Schutzmaßnahmen es bedarf, um dem Interesse am wirksamen Rechtschutz und dem Interesse an einer wirksamen Rechtsdurchsetzung gerecht zu werden.

Abschluss der Arbeit bildet eine Analyse, inwiefern die aktuelle Ausgestaltung der Zugangsmöglichkeiten dem Zweck des Kartellschadenersatzes entspricht.

Persons

Doctoral Student

Benedikt Josef Freund

Supervisor

Prof.Dr. Dr. Mark-Oliver Mackenrodt LL.M. (NYU)

Doctoral Supervisor

Prof. Dr. Peter Georg Picht LL.M. (Yale)

Main Areas of Research

II.5 Rechtsdurchsetzung und Streitbeilegung