Veranstaltungsbericht  |  20.07.2022

Shaping the Internet for the Future – Workshop zum Thema Netzneutralität

Am 24. und 25. Juni veranstaltete das Institut einen zweitägigen Workshop, um die Diskussion über die Regeln der Netzneutralität zu führen, zu der alle relevanten Interessengruppen eingeladen waren. Aber auch ganz allgemein ging es um die Frage, wie ein Internet der Zukunft gestaltet werden kann, mit dem das gesamte Potenzial des Internets für das Gemeinwohl genutzt werden kann. 

Impression vom Workshop „Shaping the Internet for the Future“
Impression vom Workshop „Shaping the Internet for the Future“ (Foto: Delia Zirilli)

Im Zusammenhang mit den neuen technologischen Entwicklungen und Geschäftsmodellen im Ökosystem Internet ist die Debatte über die Regeln der Netzneutralität wieder aufgeflammt. So erwägt die Europäische Kommission beispielsweise faire Formen der Bezahlung durch die großen Technologiekonzerne, was zu Schwierigkeiten mit der derzeitigen Verordnung über das offene Internet führen könnte. Es ist zwar sinnvoll, die Regulierung im Lichte neuer Entwicklungen und gesellschaftlicher Bedürfnisse zu überprüfen, doch sollte dies unter Anhörung aller Beteiligten geschehen.


Die Teilnehmenden des Workshops gehörten in den letzten zehn Jahren zu den Hauptakteuren der Debatte. Unter ihnen waren Vertreter öffentlicher Institutionen wie BEREC und Bundesnetzagentur sowie Vertreter der Zivilgesellschaft (Internet Society, Epicenter.works), Think Tanks (WIK) und Forschende aus technischen, wirtschaftlichen und juristischen Disziplinen. Darüber hinaus profitierte die Diskussion von der Teilnahme von Vertreter*innen der Industrie, darunter große Inhalteanbieter (Netflix), Verbände der Internetwirtschaft (eco e.V., ETNO) und Unternehmen, die neue Technologien sowohl auf der Ebene der Internetanwendungen als auch der Infrastruktur entwickeln.  Der Workshop konzentrierte sich auf die EU, brachte aber auch Teilnehmende aus anderen Ländern zusammen, in denen die Netzneutralitätspolitik im Wandel begriffen ist, wie beispielsweise in den USA und im Vereinigten Königreich.


Mehr oder weniger Regulierung: Rendite versus Offenes Internet


Die Diskussionen machten deutlich, dass die Debatte über die Netzneutralität noch lange nicht abgeschlossen ist und weiterhin polarisiert, so dass faktengestützte Argumente notwendiger sind denn je. Eine der wichtigsten Fragen, die nach wie vor unbeantwortet ist, lautet, wie ausreichende Anreize geschaffen werden können, um Investitionen in die Infrastruktur des Internets sowie Innovationen in dem sich schnell entwickelnden Ökosystem Internet zu fördern. Während einige die Notwendigkeit sehen, die Regulierung zu lockern, um eine stärkere Preisdifferenzierung zu ermöglichen und damit die Rendite für die Beteiligten zu erhöhen, sind andere der Meinung, dass die hart erkämpften Regeln zur Netzneutralität in der EU-Verordnung zum offenen Internet beibehalten werden sollten. 


Ein weiteres zentrales Thema ist die Präsenz von großen Technologieunternehmen im Ökosystem Internet. Einerseits haben diese Unternehmen begonnen, ihre eigenen privaten Netze zu entwickeln, was die Frage aufwirft, ob es zwei verschiedene Netzwerke gibt, ein privates und weitgehend unreguliertes und ein öffentliches, das der Regulierung unterliegt. Andererseits ist die Debatte über faire Beiträge erneut aufgelebt, wonach große Anbieter von Inhalten im Verhältnis zu ihrer Nutzung des Netzes zahlen sollten. Dieser erneute Vorstoß erfolgte in Form der Veröffentlichung einer von ETNO in Auftrag gegebenen Studie über die sozioökonomischen Vorteile eines gerechteren Verhältnisses zwischen Tech-Giganten und Telekommunikationsbetreibern. Das Argument ist, dass dies die Finanzierung der Investitionen ermöglichen würde, die für die Einführung der 5G-Technologie erforderlich sind. Je nachdem, wie ein fairer Beitrag gewährleistet wird, könnte dies das etablierte Netzneutralitätssystem in der EU stören und stößt bei vielen Interessengruppen auf heftigen Widerstand.


Schlussfolgerung und Ausblick


Eine generelle Schlussfolgerung des Workshops ist, dass das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb aufgrund seiner Unabhängigkeit in einer guten Position ist, um die Debatte von einem akademischen und neutralen Standpunkt aus zu führen. Vor diesem Hintergrund lieferte der Workshop Erkenntnisse, die es dem Institut ermöglichen, eine neue Forschungslinie weiterzuentwickeln, die einen grundlegenden Teil des Diskurses über die digitale Wirtschaft darstellt.