Verschiedenes  |  01.07.2023

Pin Factory Visit – Wissenschaft lernt von der Praxis

Ganz im Geist der NBER Pin Factory Visits – Unternehmensbesuche, die das National Bureau of Economic Research seit Mitte der 1990er Jahre durchführte, um die Feld­forschung in den Wirtschafts­wissen­schaften zu fördern und Stand­ort­besuche zu einem wichtigen Bestand­teil der empiri­schen Forschung zu machen – besuchte das Team der wirtschafts­wissen­schaft­lichen Abteilung des Instituts am 23. Juni 2023 mehrere Standorte der im Bereich Elektronik­produkte und -dienst­leistungen hoch­innovativen Unternehmens­gruppe TQ. 

Blick auf einen Bildschirm: Gründe, warum nicht automatisiert wird
Reger Austausch zur Frage, warum KMU in Deutschland bei der Automatisierung hinterherhinken.
Wissenschaftlerin testet Roboter
Eine Wissenschaftlerin testet die Funktionsweise eines sog. Cobot.

Die Idee der Pin Factory Visits geht zurück auf Adam Smith, der bereits Ende des 18. Jh. die Förderung der Produktivität mittels Arbeits­teilung anhand der Herstellung von Steck­nadeln erklärte.


Als einer der größten Techno­logie­dienst­leister und Elektronik-Spezial­isten in Deutsch­land bietet das Techno­logie­unter­nehmen TQ-Group unter­schied­lich­sten Branchen maß­geschnei­derte und inno­vative Lösun­gen von der Ent­wicklung, Produk­tion und weiteren Dienst­leistungen bis hin zum Produkt­lebens­zyklus­management. Es ist aktiv in den Bereichen E²MS (Elec­tronic Engi­neering Manu­facturing Ser­vices), Modulare Lösungsplattformen, Antriebstechnik, Robotik, Automatisierung, Medizinische Anwendungen sowie Luftfahrt und Avionik.


Zudem stellt TQ ein Komplett­angebot an eigenen Produkten wie etwa Embedded-Modulen, Basis­platinen, Human-Machine Interface-Systemen oder auch Antriebs- und Auto­mati­sierungs­lösun­gen bereit. Beides kombi­niert TQ zudem als ODM (Original Design Manufacturer). Auf Basis des Dienst­leistungs- und Lösungs­bau­kastens ent­wickelt und pro­duziert das Unter­nehmen inter­national kunden­spezi­fische Pro­dukte und setzt dabei auf “Made in Germany”. Es ist damit in vielfacher Hinsicht vor­bildlich im Bereich Inno­vation und kann der Wissen­schaft spannende Ein­blicke in die Realität innovativer Unter­nehmen in Deutschl­and geben.


Einblicke an drei Standorten


Das Team der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung besuchte drei Standorte in sechs Stunden. Der erste Weg führte zum Firmenhauptsitz im oberbayrischen Gut Delling bei Seefeld, wo die  Promovierenden und Postdocs gemeinsam mit Dietmar Harhoff Gelegenheit zum Austausch mit dem Geschäftsführer und TQ-Gründer Rüdiger Stahl hatten und einiges zu spannenden Themen rund um Innovationen, Technologie und Entwicklung erfuhren. Stahl sprach über die Historie, Entwicklung – von der 2-Mann-Firma im Jahr 1994 zum internationalen Technologieunternehmen – und Innovationstrategie des Unternehmens. Dabei kamen immer wieder die Rahmenbedingungen, Herausforderungen und regulativen Einschränkungen für innovative Unternehmen in Deutschland zur Sprache:


Die globale Wirtschaftslage stelle deutsche Unternehmen vor vielfältige Herausforderungen. Fragile Lieferketten, geopolitische Krisen und protektionistische Gesetze wie der US-amerikanische Inflation Reduction Act wirkten sich auf die Planbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen aus. Insbesondere im Bereich der Innovation bestünde Handlungsbedarf. Dazu zählten auch klassische Branchen wie der Maschinenbau und die Hardware-Herstellung, in denen kontinuierliche Neuerungen angestrebt werden müssten. Um die Innovationskraft in Deutschland nachhaltig zu stärken und deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu machen, bedürfe es gezielter Maßnahmen.


Am zweiten Standort in Inning am Ammersee gewährte der Leiter der Produktion Julian Hornung der Gruppe Einsichten in die Herstellung von Antriebssystemen, von hochleistungsfähigen Antrieben für E-Bikes bis zu RoboDrives. Am dritten Standort in Durach schließlich befasste sich das Team intensiv mit Automatisierung und sprach mit Sören Bruckmann, dem Leiter von TQ Robotics, dem Vertriebsleiter Robert Vogel sowie Georg Weiß, der die Entwicklung in Durach leitet. Dabei war die meistdebattierte Frage, warum kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland bei der Automatisierung derart hinterherhinkten.


Im Showroom hatte eine Postdoktorandin, die zu Automatisierung und Mensch-Maschine-Interaktionen forscht, die Möglichkeit, die Funktionsweise eines soganannten Cobot zu testen, also eines kollaborativen Roboters, der mit Menschen gemeinsam arbeitet und im Produktionsprozess nicht durch Schutzeinrichtungen von diesen getrennt ist. Der letzte Weg führte das Team in die Duracher Produktionshallen, wo nicht zuletzt Roboter Roboter produzieren.


Die Forscherinnen und Forscher des Instituts nahmen viel Inspiration und einige Erkenntnisse aus der realen Welt und Praxis mit. Weitere Pin Factory Visits sollen stattfinden.


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