Die vordergründige Zielsetzung des Kommissionsvorschlags, die wirtschaftliche Situation der ausübenden Künstler zu verbessern, leuchtet ein. Ebenfalls treffen die Beschreibungen gewisser Missstände in der Musikbranche zu. Die Maßnahmen, welche die Kommission zu deren Behebung vorschlägt – hauptsächlich eine Verlängerung der Frist für Leistungsschutzrechte von 50 auf 95 Jahre – dürften Künstlern aber wenn überhaupt marginale Vorteile bringen. Tatsächlich erkennt auch die Kommission zutreffend, dass das Problem ausübender Künstler primär in ihrer fehlenden Verhandlungsmacht den Tonträgerherstellern gegenüber liegt. Daraus zieht sie aber nicht die naheliegende Konsequenz, dass Künstler durch zwingende vertragsrechtliche Normen besser zu stellen wären.
Auch nicht zu widersprechen ist der Kommission, wenn sie die Herausforderungen der Tonträgerindustrie durch neue – illegale – Nutzungsmöglichkeiten im Internet beschreibt. Aber auch insoweit bleiben denkbare, zielgerichtete Handlungsoptionen unerwähnt. Stattdessen lenkt die Kommission ihre Überlegungen auch mit Bezug auf die Produzenten auf die genannte Schutzfristenverlängerung, obwohl zwischen der Dauer der Leistungsschutzrechte und dem beklagten Nutzerverhalten überhaupt kein sachlicher Zusammenhang besteht.