Studie  |  04.02.2022

Muss das Urheberrecht im wissenschaftlichen Bereich neu definiert werden?

In einer rechts­vergleichenden Studie unter­suchen Valentina Moscon und Marco Bellia die Rege­lungen zum Urheber­recht für das aka­de­mische Publi­kations­wesen in Italien, Deutsch­land und den USA. Dabei stellen sie bekannte Ansätze vor und kommen zu einem Lösungs­vor­schlag, der ein faireres und effi­zien­teres Publi­kations­wesen verspricht.

Eine seit vielen Jahren andauernde Diskussion über Urheberrecht im wissenschaftlichen Publikationswesen zeigt, welche Rolle das Urheberrecht einnimmt und auch welche dysfunktionalen Auswirkungen es hier hat.


Die Interessen kommerzieller Verlage und anderer Informationsanbieter unterscheiden sich von denen akademischer Autoren, wobei erstere in der Regel eine Strategie der Gewinnmaximierung verfolgen, während letztere einen breiten Zugang, eine offene und rechtzeitige Verbreitung sowie die Weiterverwendung wissenschaftlicher Ergebnisse sicherstellen wollen. Zudem wird Forschung in aller Regel durch Dritte finanziert, so dass akademische Autor*innen nicht primär auf ein Einkommen aus Veröffentlichungen angewiesen sind – Forschende publizieren in erster Linie um ihre Reputation zu verbessern und ihre Karriere voranzutreiben.


In diesem Zusammenhang lenkt der Beitrag von Valentina Moscon (Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb) und Marco Bellia (Università Cattolica del Sacro Cuore) die Aufmerksamkeit auf mögliche neue Modelle, die ein faireres und effizienteres wissenschaftliches Publikationswesen versprechen. Nach einer Betrachtung des rechtlichen Hintergrunds in Italien, Deutschland und den USA ziehen die Autoren verschiedene Maßnahmen in Betracht, von denen einige bereits auf nationaler Ebene ergriffen wurden. Bei diesen Maßnahmen kann es sich um private Eingriffe handeln, wie beispielsweise Verträge und Richtlinien der Hochschulen, oder um öffentliche, also gesetzgeberische Eingriffe. Letztere umfassen Maßnahmen außerhalb oder innerhalb des Urheberrechtssystems.


“International Instrument” als Modell für eine faire Lösung


Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass es die beste Lösung ist, die Grenzen des Urheberrechtes neu zu definieren, indem der Umfang der erlaubten Nutzungen erweitert und gleichzeitig deutlicher festgelegt wird. Dies würde zu einer ausgewogeneren Funktionsweise des akademischen Publikationssystems führen. Ein Vorschlag in diese Richtung kommt von einer Urheberrechtsexperten-Gruppe,  die das International Instrument on Permitted Uses in Copyright Law entworfen hat. Zu dieser Gruppe gehört auch Valentina Moscon. Dieses Instrument, das in Form eines internationalen Abkommens konzipiert ist, hat das Ziel, ein ausgewogeneres System für den Umfang des internationalen Urheberrechtsschutzes zu schaffen. Neben anderen Bestimmungen enthält es ausdrücklich Regeln für zulässige Nutzungen im akademischen Bereich, einschließlich Nutzungen im Rahmen von Recherchen, Datenanalysen, Bildungszwecken und zur Verarbeitung von Werken durch Bibliotheken, Museen und Archive.


Zur Publikation:

Marco Bellia, Valentina Moscon
Academic Authors, Copyright and Dissemination of Knowledge: A Comparative Overview
Max Planck Institute for Innovation & Competition Research Paper No. 21-27