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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Die Nutzung des Werks – Ein Vorschlag zur soll-funktionalen Auslegung der Verwertungsrechte

Das Projekt beschäftigt sich mit der Frage, ob es ein sich aus dem Urheberrechtssystem selbst ergebendes Kriterium für die Nutzung des Werks gibt. Begründet wird vor diesem Hintergrund eine systeminterne Soll-Funktion der Verwertungsrechte, wonach als Nutzung des Werks nur kommunikative Handlungen einzustufen sind.

Letzte Änderung: 02.10.20

Ziel der Arbeit ist die Benennung und Begründung eines Kriteriums, das Mindestvoraussetzung für die Annahme der Nutzung des Werks ist, das also alle spezifischen Verwertungsrechte gleichermaßen erfüllen müssen. Das Projekt geht diesbezüglich im Wesentlichen dreiteilig vor.

Im ersten Teil wird der grundlegende Aspekt der Notwendigkeit einer Wertungsverhältnismäßigkeit (Proportionalität) zwischen den typischen „Bewertungsstufen“ eines IP-Rechtssystems beleuchtet. Argumentiert wird (letztlich bezogen auf das Urheberrecht), dass es einer Konstante bedarf, die die grundsätzliche Trennung in Bewertungsstufen durchbricht und die gesamte rechtliche Beurteilung begleitet: den Schutzgegenstand. Präzise ausgedrückt steckt hinter der Forderung nach Proportionalität ein Verlangen nach Berücksichtigung dessen, was unter der ersten Stufe konkret Schutz zugesprochen bekommen hat, mithin der genaue Schutzgegenstand. Proportionalität sorgt dafür, dass die Spurbreite, die der bestimmte Schutzgegenstand vorgegeben hat, beibehalten wird. Damit wird ein Bedürfnis hervorgerufen, sich den urheberrechtlichen Schutzgegenstand – das Werk – genauer anzusehen. Im Speziellen wird untersucht, was genau als Werk geschützt ist, um diese Wertungen auf die Nutzungsebene übertragen und dort fruchtbar machen zu können. Aus diesen Überlegungen wird letztlich die Kommunikationsfunktion des Werks gefolgert.  

Die Arbeit fokussiert sich insofern auf das werkbegriffsimmanente Tatbestandsmerkmal der wahrnehmbaren Form. Das Kriterium der wahrnehmbaren Form wird konkretisiert und manifestiert. Es leidet grundsätzlich unter dem Makel der Pauschalisierung der Bewertung. Gefragt wird in der Regel danach, ob das Werk eine wahrnehmbare Form erlangt hat. Als „das Werk“ wird dabei das angesehen, was nach außen hin als Einheit auftritt, z.B. die Textform eines Romans. Appelliert wird stattdessen an eine differenziertere Betrachtung, die sich von dieser „nach außen präsentierten Einheit“ löst und die wahrnehmbare Form als echtes Kriterium des Werkbegriffs ansieht. Folglich muss nicht das Werk eine wahrnehmbare Form erlangt haben. Vielmehr ist das, was keine wahrnehmbare Form hat, schon gar kein Werk. Das bedeutet, dass das, was dem Urheber unter dem Namen „Werk“ zugeordnet wird, die kommunizierbare Form eines gedanklichen Inhalts ist. Daraus begründet sich die Kommunikationsfunktion des Werks i.S.e. Ist-Funktion.  

Der dritte Teil führt nun die Erkenntnisse der ersten beiden Teile zusammen. Gegenstand der Verwertungsrechte muss das Werk gerade in seiner Kommunikationsfunktion sein. Das zugrunde gelegt, kann eine Nutzung des Werks nur eine kommunikative Handlung sein. „Werknutzung“ liegt demnach nur vor, wenn ein vorhandenes Kommunikationspotenzial vergrößert wurde. Nicht ausreichend ist hingegen die Realisierung eines vorhandenen Potenzials. Aus dieser Zielvorgabe an die Verwertungsrechte wird die systeminterne kommunikative Soll-Funktion der Verwertungsrechte abgeleitet. In den abschließenden Kapiteln werden die einzelnen Verwertungsrechte diesbezüglich soll-funktional ausgelegt, wobei sich insbesondere für das Vervielfältigungsrecht eine Abweichung von status quo ergibt, weil zahlreiche rein technisch-bedingte Reproduktionen als nicht-kommunikative Handlungen und mithin nicht als Nutzung des Werks eingestuft werden. 

Personen

Doktorand/in

Markus Wypchol

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Ansgar Ohly, LL.M (Cambridge)

Forschungsschwerpunkte

I.3 Funktionswandel