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Dissertation
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht

Europäische Harmonisierung des Lauterkeitsrechts im Bereich irreführender vergleichender Werbung im deutschen und englischen Recht

Das Projekt untersucht die Kohärenz der europäischen Regelungen zur irreführenden vergleichenden Werbung und die methodologische Frage einer wechselseitigen Berücksichtigung der Regelungen der jeweiligen Richtlinien. Hieran knüpft ein Vergleich der Umsetzung in Deutschland und England unter Berücksichtigung der Sanktionsmechanismen an.

Letzte Änderung: 14.07.15

Werbung nimmt eine wichtige Rolle im Rahmen des europäischen Binnenmarktes ein. Die europäische Union hat daher durch die Richtlinien 84/450/EWG in mehreren geänderten Fassungen (WerbeRL) und 2005/29/EG (UGP-RL) versucht, einheitliche Bedingungen für Werbung in den Mitgliedstaaten zu schaffen. Für den Bereich der irreführenden vergleichenden Werbung gelten jedoch ausweislich Art. 4 lit. a), 8 Abs. 1 UAbs. 2 WerbeRL jeweils für den B2B- und B2C-Bereich unterschiedliche Irreführungsbegriffe. Die Arbeit untersucht die Kohärenz der europäischen Regelung zur irreführenden vergleichenden Werbung in diesen Bereichen und verneint im Ergebnis die Möglichkeit einer wechselseitigen methodologischen Berücksichtigung der Regelungen der jeweiligen Richtlinien, soweit diese Ausdruck des besonderen Schutzzwecks der Richtlinie sind. Als Konsequenz können Informationspflichten iSd. Art. 7 UGP-RL nicht auf den B2B-Verkehr übertragen werden. Ferner wird die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des EuGH zu irreführenden Werbevergleichen auf den B2B-Bereich und deren Einordnung in die Systematik der UGP-RL untersucht. Dies als Grundlage nehmend werden Grundsätze zu einer Irreführung durch selektive Auswahlentscheidungen des Werbenden im Rahmen von Werbevergleichen entwickelt. Als Harmonisierungshindernisse auf europäischer Ebene werden die begrenzte Kohärenz der sekundärrechtlichen Unionsakte sowie die Divergenz des Schutzes im B2B- und B2C-Verkehr ausgemacht.

Hieran anknüpfend wird die Umsetzung in Deutschland und England untersucht: Während in Deutschland die Umsetzung des Art. 4 lit. a) WerbeRL im Rahmen des UWG erfolgte, finden in England neben dem statutory law (reg. 4 (a), (b) BPRs), das malicious falsehood- und passing off-tort des Common Law sowie die in der Praxis bedeutsamsten Regelungen der freiwilligen Selbstkontrolle Anwendung. Neben der Feststellung etwaiger Umsetzungsmängel macht die Untersuchung im Rahmen zweier ausführlicher Fallstudien gemeinsame Grundsätze zur Irreführung durch selektive Auswahlentscheidungen im deutschen und englischen Recht aus. Der Umsetzungsteil kommt schließlich mit Hinblick auf die Kohärenz der Harmonisierung, erstens, zu dem Ergebnis, dass die historischen mitgliedstaatlichen Regelungsansätze (integrierte Ansatz in Deutschland, dualistischer Ansatz in England) die Rechtsangleichung erheblich erschweren: So führt der Versuch einer besonders „schlanken Umsetzung“ der UGP-RL in Deutschland zu erheblichen Umsetzungsunstimmigkeiten iRd. §§ 3, 5, 5a UWG und einer Überschreitung der Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung. In England dominiert wiederum fälschlicher Weise das Verständnis, das seit dem Mittelalter historisch gewachsene, wirtschaftspolitisch liberale Common Law falle nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinien. Der Harmonisierungserfolg ist, zweitens, stark vom jeweiligen nationalem System der Durchsetzung abhängig. Die in England schwerpunktmäßige verwaltungsrechtliche Durchsetzung von CPRs und BPRs führt aufgrund des hohen Aufgreifermessens der zuständigen Behörden zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung der Effektivität der materiell-rechtlichen Umsetzung. Einer Rechtsvereinheitlichung hinderlich ist dabei ferner, dass das privatrechtlich durchgesetzte common law nach nationalem Verständnis von der vereinheitlichenden Wirkung der Richtlinien nicht erfasst sein soll.

Personen

Doktorand/in

Philipp Eckel

Doktorvater/-mutter

Prof. Dr. Helmut Köhler

Forschungsschwerpunkte

Kohärenz von IP-Rechten und Lauterkeitsrecht